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Haus der Stille

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Haus der Stille

In einem 2004 ausgelobten Wettbewerb für den ersten Bauabschnitt des neuen Campus Westend der Goethe-Universität Frankfurt gewann der Entwurf für das Studierendenwohnheim der Münchner Architekten karl + probst. Bestandteil der Aufgabe war der Bau eines interkulturellen Begegnungsraums. Dieser Ort – in dieser Form an deutschen Universitäten einzigartig – ist als Rückzugsort innerhalb der Goethe-Universität gedacht, an dem Vertreterinnen und Vertreter aller Religionen und Kulturen sich begegnen können.

Als singuläres Gebäude steht der zurückhaltende Holzbau auf der Freifläche vor dem Foyer des neuen Wohnheims und lädt als offenes „Haus der Stille“ zum gemeinsamen Schweigen, Meditieren oder Beten ein.

Beim Betreten des Gebäudes empfängt eine geschwungene Wand den Besucher und führt ihn in den etwa 100 Quadratmeter großen „Raum der Stille“. Diese Wand, ein „eingeklappter“ Teil der Außenwand, trennt Eingangsbereich, Treppen und Empore von dem Andachtsraum, in den lediglich über zwei schmale Fenster Tageslicht dringt. Die beiden Fenster sind weit oben angeordnet, so dass die meditative Atmosphäre nicht durch Einflüsse von außen gestört wird. Gleichzeitig inszeniert das einfallende Licht den schlichten Innenraum, dessen einzige Einrichtung aus wenigen Holzhockern und Kniebänken besteht. Die weiß geputzten Wände und der einfache Fußbodenbelag aus rotbraunem Linoleum betonen den reduzierten Charakter des interkulturellen Begegnungsraums.

Als Andachtsstätte für Menschen aller Kulturen und religiösen Bekenntnisse konzipiert, ist er bewusst neutral gehalten, frei von religiösen Symbolen oder Bildern, die ihn auf eine Glaubensrichtung festlegen. Religiöse Utensilien wie muslimische Gebetsteppiche oder christliche Ikonen werden in Wandschränken aufbewahrt, die sich in der geschwungenen Wand im Eingangsbereich verbergen. Der neue Standort der Universität wird durch die städtebauliche Lösung eines offenen, mit vielen Freiflächen durchsetzten Campus sowie die raumbildenden geometrischen Volumen der Hochschulbauten bestimmt. Ziel unserer Entwurfskonzeption war es, die Anordnung und Gestaltung des Interkulturellen Begegnungsraumes so zu entwickeln, dass sie sich einerseits in das städtebauliche Konzept des Universitätscampus integriert, dass andererseits aber auch die Besonderheit des Bauwerkes nach außen und innen spürbar und erlebbar ist. Die Ausbildung des Begegnungsraumes auf der Grundform von ineinandergreifenden Parabeln schafft nicht nur einen beschützenden, introvertierten und meditativen Innenraum, sondern stellt zudem einen spannungsvollen städtebaulichen Kontrast zu den orthogonalen und kubischen Grundformen der Campusgebäude her. Eine ähnliche Spannung ergibt sich durch das verwendete Material, eine warme, natürlich belassene Holzverkleidung, die im Kontrast zu den steinverkleideten Universitätsbauten steht.
Diese bewussten Unterschiede betonen dabei die Besonderheit des kleinen Raumes. Gleich einer Arche im lebendigen Meer des Campuslebens bietet der Bau einen Rückzugs- und Besinnungsraum, in dem der Besucher Ruhe und Abstand vom hektischen Alltag und Muße zum Gebet finden kann. Trotz dieser im Grunde introvertierten Ausrichtung öffnet sich der Eingang durch die Aufweitung der gebogenen Wände in einer einladenden Geste jedem Besucher. Geht man der Außenwand folgend am Gebäude entlang, wird man durch transparente Glasmembranen bedächtig nach innen geleitet – und legt auf dem Weg dorthin langsam und selbstverständlich die Hektik des Alltags ab. Wie der Weg der Besucher wird auch das Licht entlang der Wände in das Innere des Raumes geleitet. Diese indirekte Lichtführung verstärkt den kontemplativen Charakter des Gebäudes, ohne jedoch störende Einblicke in den Meditationsraum oder ablenkende Ausblicke zu erzeugen.

Durch seine Orientierung an den Baufluchten des angrenzenden Studierendenwohnheims bindet sich der Interkulturelle Begegnungsraum – trotz der Unterschiede in Materialität und Formensprache – in das städtebauliche Grundkonzept der ‚Baublöcke im grünen Universitätscampus‘ ein und artikuliert sich damit als integraler Bestandteil des gesamten Ensembles.“

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