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Auf einem 26 Hektar großen Grundstück der Flughafen München GmbH entsteht ein Innovationszentrum, das mit insgesamt 500.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche zu den größten seiner Art in München zählt.
Grundlage hierfür bildet ein Masterplan des niederländischen Büros Kees Christiaanse Architects & Planners. Dessen Entwurf sieht ein „proto-urbanes“ Umfeld vor, dessen vernetzte Offenheit den Austausch und die Arbeit von etablierten Firmen, Forschungseinrichtungen, Kreativen und herausragenden jungen Unternehmen beflügeln soll. Hinzu kommen Showrooms, gastronomische Einrichtungen und Prototyping-Werkstätten. Entsprechend dieser kontrastreichen Vielfalt erwartet die Bauherrin eine klare architektonische Identität, „die sich aus dem Nebeneinander unterschiedlicher Nutzungen und großer architektonischer Ausdrucksfreiheit ergibt.“
Nördlich der Zentralallee an der S-Bahn-Haltestelle Besucherpark situiert, besteht der LabCampus aus vier autofreien Quartieren mit Potential für insgesamt bis zu 29 Gebäuden. Im westlichsten dieser Quartiere, die von einem langgestreckten grünen Band, dem „Walkway“, durchquert werden, befindet sich der von Auer Weber geplante Neubau LAB 48. Seine 29.400 Quadratmeter Geschossfläche befinden sich komplett oberirdisch – auf eine Unterkellerung konnte vor allem wegen des in direkter Nachbarschaft bereits bestehenden Parkhauses verzichtet werden.
Bewegte Kubatur
Das fünfgeschossige Gebäude setzt sich aus bausteinartig aneinander und übereinander gelegten Baukörpern mit großen Fensterfeldern zusammen, die sich rund um frei zugängliche Innenhöfe zu einer differenzierten Bauskulptur aufschichten. Auf den zweiten Blick ist zu erkennen, dass diese Dynamik nicht nur den vor- und rückspringenden Kuben zu verdanken ist. Sie entsteht auch aus den unterschiedlichen Geschosshöhen und Fassadenfarben sowie aus der subtilen Sockelausbildung, die zugleich den urbanen Charakter des Gebäudes unterstreicht. Der zweigeschossige Sockel deutet von außen an, was sich nach Betreten des Neubaus bestätigt: Die unteren beiden Ebenen beherbergen eher öffentliche bzw. gemeinsam von allen Gebäudenutzern bespielte Flächen (z. B. die Lobby, Showrooms, Meetingräume, Prototyping-Werkstätten und ein Restaurant), während sich darüber vor allem Büromietflächen befinden.
Die bewegte Kubatur, die hohe bauliche Dichte, die unregelmäßig geformten Innenhöfe und die kleinteilige Struktur der Mieteinheiten führen zu einer angenehmen Nahbarkeit, die unwillkürlich an einen innerstädtischen Gewerbehof denken lässt. Unterstützt wird dieser Eindruck durch in vier unterschiedlichen Farbtönen beschichtete Aluminiumpaneele, deren tiefmatte putzähnliche Kornstruktur für eine überaus angenehme Haptik sorgt. Im Zusammenspiel all dieser Faktoren widerspiegelt LAB 48 auf maßstäbliche Weise die im gesamten Quartier angestrebte Vielschichtigkeit der Nutzungen, während die ineinandergreifenden Baukörper dem Netzwerkgedanken des Gebäudes und seiner zukünftigen Nutzer Ausdruck verleihen.
Elegante gestalterische Zurückhaltung
Konzipiert als großzügige zentrale Verteilerfläche zu den Büros, wird die dank eines Glasdachs lichtdurchflutete Lobby gestalterisch insbesondere von Wänden und Decken in Sichtbeton bestimmt. Die imperfekten, von sichtlicher Handwerklichkeit geprägten Flächen der Sichtbetonklasse SB2 stehen dabei in harmonischem Kontrast zu den filigranen Fensterprofilen der Fassaden und der raumhohen Glaswände zu den Showrooms und Meetingräumen. Farblich präsentiert sich das Foyer zurückhaltend. Farbakzente setzt lediglich die Signaletik. Überdimensionale orangefarbene Buchstaben weisen den Weg in die Mietbereiche.
Räumliche Vielfalt
Beim Blick aus den Fenstern in die Innenhöfe zeigt sich einmal mehr die angenehme Wirkung der bewegten Kubatur. Die Versätze der Baukörper lassen nämlich nicht nur eine scheinbar gewachsene Urbanität entstehen. Es ergeben sich auch zahlreiche nutzbare Dachterrassen, die die Büros ins Freie erweitern. Eine weitere Besonderheit bieten einige Mieteinheiten der obersten Geschosse: Überall dort, wo die leicht abgesenkten Technikbereiche nicht die gesamte Dachfläche benötigen, verfügen sie über deutlich größere Raumhöhen. Daraus resultieren Bereiche mit Loftcharakter, die den Mietern völlig neue räumliche Spielräume eröffnen.
Nachhaltige deckenintegrierte Techniklösungen
Ebenso zurückhaltend gestaltet präsentieren sich die Büroebenen. Der puristisch-klare Raumeindruck ergibt sich nicht nur aus den großen Glasflächen und den allgegenwärtigen Sichtbetonwänden und -decken, sondern auch aus den nicht sichtbar in der Rohdecke geführten Installationen. Zuluftauslässe befinden sich beispielsweise über abgehängten, akustisch wirksamen Deckenpaneelen, die zur Unterstützung einer Betonkernaktivierung zur Beheizung und Kühlung zugleich als Heiz-Kühl-Deckensegel dienen. Zur Versorgung der Büroflächen mit Kunstlicht wurde ein engmaschiges Raster an Auslasspunkten vorgesehen, mit dem sich die Beleuchtung zwischen den Deckensegeln organisieren lässt.
Die Unterbringung der Installationen in der Rohdecke bedeutete zwar einen höheren Planungsaufwand, ermöglichte langfristig jedoch einige wesentliche Vorteile: Der Verzicht auf eine Technikebene unter der Rohdecke verringerte die Gesamtkubatur und reduzierte so den Materialeinsatz. Die Betonkernaktivierung erlaubt im Vergleich zu konventionellen Heizsystemen wesentlich niedrigere Vorlauftemperaturen und spart so wertvolle Heizenergie. Und schließlich lassen sich leichte Trennwände – ohne auf komplizierte Leitungsführungen Rücksicht nehmen zu müssen – überall in den Mieteinheiten mühelos im Raum platzieren. Dadurch erhöht sich die Flexibilität für die Nutzer.
Bautafel
Standort: LabCampus 48, 85356 München-Flughafenn
Auftraggeberin: Flughafen München GmbH
Architektur: Auer Weber, Moritz Auer (geschäftsführender Gesellschafter), Till Richter (Assoziierter), Sascha Dehnst (Projektleitung), Stefan Bründlinger, Tiago Alves Machado, Huyen Thuong Nguyen, Markus Randler, Christian Richardt, Thorsten Schalk, Liliana Viera de Sousa, Felix Wilhelm
Generalübernehmer: ED. Züblin AG, München
Freianlagen: mahl·gebhard·konzepte Landschaftsarchitekten BDLA Stadtplaner, München
Tragwerksplanung: C-I-P Generalplaner GmbH, München
Technische Ausrüstung: SCHREIBER Ingenieure Systemplanung GmbH, Ulm (HLS); Ibb Burrer & Deuring Ingenieurbüro GmbH, München (ELT)
Bauphysik: Müller-BBM Building Solutions GmbH, Planegg
Brandschutz: Brandschutz Kaefer Ingenieur- und Sachverständigenbüro, Grafing
Signaletik: Büro für Gestaltung Wangler & Abele, München
Flächen: 29.400 m² BGF; 23.570 m² NF; 124.000 m³ BRI
Wettbewerb 2018
Planungsbeginn 2019
Baubeginn 2020
Fertigstellung 2022