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Astronaut stellt erstmals Beton im All her

Internationale Raumstation ISS
Astronaut stellt erstmals Beton im All her

Am 11. November 2021 ist der deutsche ESA-Astronaut Matthias Maurer gemeinsam mit seinen NASA-Kolleginnen und -Kollegen zur Internationalen Raumstation ISS gestartet. Maurer wird rund sechs Monate auf der Raumstation verbringen und dort über 100 Experimente durchführen. Dabei stellt er erstmals auch Beton im All her. Doch mit welchem Ziel?

Bisherige Untersuchungen an Bord der ISS haben sich nur auf die Erstarrung von reinem Zement beschränkt. Im Projekt »Concrete-Hardening« untersucht Matthias Maurer nun, wie unterschiedliche Betonmischungen in Schwerelosigkeit aushärten. Das Experiment ist ein Gemeinschaftsprojekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), der Universität zu Köln, der Universität Duisburg-Essen und der Hochschule Luzern.

„Wir erforschen einerseits die Möglichkeit, Beton als Baustoff für Habitate bei Mond und Mars-Missionen einzusetzen“, erklärt Prof. Martina Schnellenbach-Held vom Institut für Massivbau an der Universität Duisburg-Essen. „Deswegen wird in einigen Versuchsproben die Gesteinskörnung ‚Regolith EAC-1A‘ eingesetzt, welche die Gesteinskörnung auf dem Mond simuliert. Denn: Wenn die Pläne zum Aufbau einer permanenten Präsenz auf dem Mond in naher Zukunft realisiert werden sollen, müssen die Stationen aus solidem Material gebaut sein und idealerweise mit Ressourcen, die vor Ort verfügbar sind.“ Eine wesentliche Grundlage zur Exploration, so die Professorin, sei die Kenntnis des Materialverhaltens unter Schwerelosigkeit und den Bedingungen im Weltraum. „Daher sind die gewonnenen Daten im wahrsten Wortsinn ein wichtiger Baustein.“

Ein weiterer Aspekt des Experiments ist das Thema Nachhaltigkeit: „Wir versprechen uns von den Untersuchungen noch bessere Erkenntnisse zum Erstarrungsverhalten des Betons, da wir den Einfluss der Gravitation ausklammern können“, erklärt Prof. Martina Schnellenbach-Held. „Ebenso ist die Festigkeitsentwicklung des Betons unter Schwerelosigkeit von Interesse, um so Möglichkeiten der Ressourceneinsparung auszuloten. So könnten in Zukunft Betonrezepturen entwickelt werden und Anwendung finden, die weniger Zement enthalten.“

Leichte und transparente Betonmischer

Um die Experimente auf der ISS durchführen zu können, mussten die Forschenden spezielle, leichte Betonmischer entwickeln, mit deren Hilfe sich kleine Betonproben in zylindrischer Form herstellen lassen. Die Mischeinrichtungen sollten zudem transparent sein, damit der Astronaut während der Versuchsdurchführung den Vorgang genau beobachten kann.

„Tatsächlich hat dieser Teil des Projekts sehr viel mehr Arbeit und Zeit erfordert, als wir ursprünglich angenommen hatten, nicht zuletzt durch die sehr umfangreichen Sicherheitstests und die erforderliche Zertifizierung durch die Europäische Raumfahrtagentur (ESA)“, sagt Dr. Torsten Welsch, Akademischer Oberrat am Institut für Massivbau der Universität Duisburg-Essen.

Letztendlich wurden von den 300 in Serie hergestellten Mischeinrichtungen 64 mit unterschiedlichen Betonmischungen gefüllt und zur Internationalen Raumstation gebracht. Für die Versuche wurden Portlandzemente ‚CEM I 42,5 N‘ und ‚52,5 R‘ verwendet, als Gesteinskörnungen kamen CEN-Standard Sand (0/2) oder Quarzsand (0/0,5) zum Einsatz.

Die trockenen Komponenten sind in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen in den Mischbehältern enthalten. Auf der ISS setzt Astronaut Matthias Maurer dann eine handelsübliche Spritze an, die bereits auf der Erde mit flüssigen Komponenten – Wasser, Wasser und Fließmittel oder Wasser und Luftporenbildner – befüllt wurde. Der Mischvorgang dauert je Probe etwa zwei Minuten.

Wichtige Erkenntnisse für die Materialforschung

Die Betonproben werden im Juli zur Untersuchung auf der Erde erwartet. „Mit den zylindrischen Proben können wir erstmals eine vollumfängliche Charakterisierung des Betons vornehmen, der unter Schwerelosigkeit erhärtet ist – vom CT-Scan über Druckfestigkeitsprüfungen bis hin zur Bestimmung des Elastizitätsmoduls“, freut sich Dr. Karsten Tell, Mitarbeiter am Institut für Theoretische Physik der Universität zu Köln.

„Der Prozess des Aushärtens entscheidet über die Anordnung der Bestandteile im Inneren des Betons sowie über die Verteilung von eingeschlossenen Luftblasen“, erläutert Prof. Sperl, Leiter der Gruppe zur Physik Granularer Materie am Institut für Theoretische Physik der Universität zu Köln und am DLR in Köln. „Die Aushärtung wird auf der Erde stark von der Gravitation beeinflusst. Für die Materialforschung ist es daher von großem Interesse zu untersuchen, wie sich diese Mischung ohne diesen Einfluss verhält. Dadurch lassen sich chemische und physikalische Prozesse besser verstehen.“ Diese Erkenntnisse können für optimierte Mischverhältnisse verwendet werden, die schließlich wertvolle Ressourcen einsparen.

Der Erstarrungs- und Trocknungsprozess des Betons kann Wochen und Monate dauern. Aus diesem Grund ist die Forschung auf der Internationalen Raumstation ISS so wichtig, denn nur hier herrschen dauerhaft die gleichen Bedingungen von Null-Gravitation.

Schwerelosigkeit im Labor simulieren

Die bei den Experimenten von Matthias Maurer gewonnenen Daten werden auch die Basis für weitere Untersuchungen in irdischen Laboren sein. „Wenn es uns gelingt, die Schwerelosigkeit im Labor zu simulieren, könnte zukünftig zusätzlich eine Vielzahl von Versuchen schneller, einfacher und kostengünstiger durchgeführt werden“, erklärt Prof. Martina Schnellenbach-Held.

Sie und ihr Team simulieren in Essen die Schwerelosigkeit mit einem sogenannten Klinostaten – ein Apparat, bei dem der Mischbehälter langsam um eine Achse rotiert. Die ersten Versuchsergebnisse seien vielversprechend, so Prof. Martina Schnellenbach-Held.

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