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Zweiraumhaus in Geradstetten

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Zweiraumhaus in Geradstetten

Die Aufgabe, die das Stuttgarter Planungsbüro K + H Architekten erhielt, bestand darin, ein denkmalgeschütztes Wohnhaus zu erweitern. Ziel war es, eine Bibliothek für den Vater und einen Rückzugsbereich für den 14 Jahre alten Sohn zu schaffen. Hierfür sollte ein Haus errichtet werden, das durch einen Steg mit dem Hauptgebäude verbunden ist. Doch, damit die Architekten das 115 Quadratmeter große Objekt realisieren durften, mussten sie viel Überzeugungsarbeit bei der Behörde leisten. Erst nachdem die Planer versichert hatten, den Bestand zu schützen und eine nicht brennbare Gebäudehülle zu errichten, erhielten sie die Baugenehmigung. Um dieses Versprechen einzuhalten, wurde der Anbau unter anderem mit nicht brennbaren Fermacell-Platten und Edelstahl realisiert. Ergebnis ist ein ungewöhnliches Haus, das beim Xella-Wettbewerb „Bauen im Bestand 2008“ den dritten Preis erlangte.

Wenn der Vater mit dem Sohne….
Bevor die Hauserweiterung errichtet wurde, stand auf dem Grundstück ein kleines, baufälliges Fachwerkhäuschen, das aufgrund der Bauauflagen nicht vollständig abgerissen werden durfte. Der Wunsch, an dieser Stelle das bestehende Wohnhaus durch ein neues Gebäude zu erweitern, war daher schwer durchzusetzen. Zahlreiche Kompromisse waren nötig, um den Anbau dennoch verwirklichen zu dürfen. Allerdings, wie so oft, führten gerade diese Zwänge zu einem unverwechselbaren Resultat. Entstanden ist ein Gebäude, bei dem Neu und Alt zu einer Einheit verschmelzen. Heute genießt der Bauherr im Erdgeschoss die Ruhe einer privaten Bibliothek. Der Sohn hat im Untergeschoss sein eigenes Reich. Erschlossen wird das Haus auf zweierlei Weise. Erstens, über einen separaten Eingangsbereich im Parterre. Zweitens, über einen Steg, der zum Wohnhaus der Familie führt. Die Fensteröffnungen des kleinen Baukörpers sind relativ groß und bewusst gewählt. Auf diese Weise schufen die Architekten einen Bezug von Außen nach Innen und ermöglichten überraschende Ausblicke. Dementsprechend ist ein Fenster im Verbindungssteg so platziert, dass die Kirchturmuhr des Ortes gekonnt in Szene gesetzt wird. Flächenbündig in die Wand integrierte Regale bieten Platz für zahlreiche Bücher. Derzeit dient das Haus lediglich als Wohnraumerweiterung. Doch die Architekten planten nicht nur für die Gegenwart. Sie wurden auch eventuell zukünftig eintretenden Lebenssituationen gerecht. So kann das Haus dank des separaten Eingangs, der integrierten Küche und des Sanitärbereichs auch als eigenständiges Wohngebäude genutzt werden. Hierzu müssen die Bewohner lediglich den Stegzugang schließen und den Wohnraum in die jetzige Bibliothek verlegen.

Baukonstruktive Besonderheiten
Entsprechend der Auflage, das alte Fachwerkhäuschen nicht vollständig abzureißen, ließen es die Architekten nur bis auf den Natursteinsockel zurück bauen. Um ihn zu sichern, wurden innerhalb der alten Grundmauern neue Betonwände errichtet. Sie tragen die Last des darüber ruhenden Satteldachhauses. So wurde die alte mit der neuen Bausubstanz harmonisch verbunden. Das Grundstück ist lediglich über einen schmalen Weg von ca. einem Meter Breite zugänglich. Dies erschwerte den Transport von Maschinen und Materialien zur Baustelle erheblich. Daher entschieden sich die Architekten für eine Holzständerbauweise. Sie ließen die Elemente vorfertigen und mit Hilfe eines Baukrans an ihre jetzige Position bringen. Der geringe Abstand zur Nachbarbebauung machte es nötig, dass zwei Seiten des Gebäudes als Brandwände ausgeführt wurden. Hierfür verwendeten die Architekten Fermacell Powerpanel HD. Es handelt sich dabei um zementgebundene, glasfaserbewehrte Sandwichplatten mit Leichtzuschlagstoffen. Sie erzielen aufgrund ihrer mineralischen Materialzusammensetzung die Einstufung in die Baustoffklasse A1. Das bedeutet, dass sie nicht brennbar sind. Trotz ihres geringen Gewichts zeichnen sich die Platten durch eine hohe Druck- und Biegezugfestigkeit aus. Infolgedessen können sie bei Außenwandkonstruktionen in Holztafelbauweise auch zur Lastabtragung herangezogen werden bzw. zur Aussteifung dienen. Eine durchgängige, über Wand- und Dachbereich geführte Edelstahlverkleidung bildet die Gebäudehülle. Sie wurde in handwerklicher Kunst befestigt. Dabei legten die Architekten viel Wert auf eine hohe Ausführungsqualität. Um im Gesamtbild der Fassade und der Dachfläche ein Raster zu vermeiden, sind alle Platten unterschiedlich lang. Obwohl an manchen Stellen bis zu acht Bleche übereinander liegen, lässt eine spezielle Montagetechnik die Oberfläche der Quernähte eben erscheinen. Die Innenwände des Untergeschosses wurden in Trockenbauweise errichtet. Hierbei vertrauten die Architekten ebenfalls auf die bewährte Qualität der klassischen Fermacell Gipsfaser-Platten. Die stabilen und geruchsneutralen Platten werden mit Hilfe eines innovativen und ökologisch unbedenklichen Produktionsverfahrens hergestellt und sind in den Dicken 10; 12,5; 15 und 18 Millimeter erhältlich. Auf der Baustelle lassen sie sich leicht und ohne Spezialwerkzeuge verarbeiten. Im Sanitärbereich wurden die Gipsfaser-Platten mit Fliesen verkleidet. Darüber hinaus lassen sich Strukturdünnputze, Tapeten oder Anstriche auf den Fermacell-Platten aufbringen.

Mit dem Haus zum Lesen gelang den Architekten trotz rigider Vorschriften und schwieriger Bausituation ein ästhetisch beachtenswertes Bauwerk. Es wird nicht nur den derzeitigen Belangen seiner Bewohner gerecht, sondern entspricht auch zukünftigen Wohnanforderungen.

Weitere Informationen:

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