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Wohnhaus Mülheim

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Wohnhaus Mülheim

Seit im Frühjahr 2010 die letzten Büsche im Garten eingesetzt und junger Bambus in den Cortenstahl-Trog vor dem Hauseingang gepflanzt wurden, ist das Wohnhaus in Mülheim an der Ruhr komplett. Etwa drei Jahre dauerte es, bis das Bauherrenpaar ein passendes Grundstück fand und ein weiteres Jahr bis Gebäude und Außenanlagen fertig waren. Zusammen mit dem Architekten Wolfdieter Albrecht schauten sie sich viele verschiedene Standorte rund um Düsseldorf an, aber keiner erschien ihnen ideal. Für fünf dieser Bauplätze machte Albrecht sogar kleine Stegreifentwürfe, angepasst an die jeweilige Umgebung und die Besonderheiten vor Ort. Das Ehepaar, große Freunde der klassischen Moderne, wünschte sich einen Bau im Stil von Mies van der Rohe oder Le Corbusier. Ein spitzgiebeliges Standardhäuschen mit kleinteiliger Grundrissgestaltung kam nicht infrage. Der Architekt entwickelte in diesem Sinne unterschiedliche Gebäudekonzepte, meist mit sich durchdringenden Baukörpern und Flachdach und stellte diese den örtlichen Bauämtern vor. Doch bei jedem der ausgesuchten Bauplätze war ein Satteldach vorgeschrieben, so dass die Suche nach dem perfekten Grundstück weiterging.

In einer beschaulichen Siedlung am Stadtrand von Mülheim fanden Architekt und Bauherren  schließlich etwas zu ihren Vorstellungen Passendes. In einer gewachsenen Struktur mit Einfamilienhäusern aus den 1950ern und hohen, alten Bäumen, leicht exponiert an einer ansteigenden Straße, stand ein Grundstück zum Verkauf. Allerdings befand sich darauf noch eines dieser Satteldachhäuser, die das Paar eigentlich nicht haben wollte. Der Architekt Wolfdieter Albrecht schlug vor, auch eine Sanierung dieses Bestandsbaus in Erwägung zu ziehen. Aber den alten Kasten mit der Teilunterkellerung trocken zu legen und wärmedämmtechnisch auf den besten Stand zu bringen, erwies sich als problematisch, so dass sich die Bauherren gegen die Sanierung entschieden. Stattdessen sollte es ein Neubau sein mit einer klaren Architektur, funktionalen und offenen Grundrissen sowie technisch durchdachten Anschlussdetails.

Statt die ursprüngliche Idee eines Gebäudes mit Vor- und Rücksprüngen in der Fassade weiterzuverfolgen, entschieden sich Bauherren und Architekt bei diesem Grundstück für einen einfachen kubischen Bau. Auf zwei Geschossen verteilen sich 275 Quadratmeter flexibel nutzbare Wohnfläche. Betritt man die untere Etage, fällt zunächst die raumbildende Stahltreppe ins Auge. Sie ist leicht und transparent konstruiert, so dass der Blick vom Eingang durch den Wohnbereich bis in den Garten fällt. Den Endpunkt dieser Sichtachse bildet eine Cortenstahlscheibe am hinteren Grundstückrand. Rechts vom Eingang befindet sich eine funktionale Box, die Garderobe, einen Abstell- und den Hausanschlussraum aufnimmt. Ansonsten ist der Grundriss des Erdgeschosses ohne trennende Wände konzipiert, damit die Bewohner des Hauses den Wohn-, Koch- und Essbereich frei gestalten können. Die schmale Sichtbetonwand, die in der Verlängerung des Treppenraumes steht, wirkt nicht wie eine Abgrenzung, sondern durch ihre Rohheit fast wie eine Skulptur. Der Beton geht dabei optisch in den nur mit Epoxidharz behandelten Estrich des Fußbodens über und bildet mit diesem einen Kontrast zu den weiß verputzten Wand- und Deckenflächen.

Der großzügige Luftraum im Eingangsbereich verbindet die beiden Etagen miteinander. Über die Treppe gelangt man in den Privatbereich des Paares. Hier sind Schlaf- und Gästezimmer, ein großes Bad sowie eine Ankleide untergebracht. Auch das Büro befindet sich im Obergeschoss – im Gegensatz zu den Nachbarräumen ist es als offener Raum integriert.

Um den Bau auch bei Dunkelheit in Szene zu setzen, wurde die Lichtplanerin Martina Ritzi beauftragt, für eine anregende Lichtatmosphäre innen und außen zu sorgen. So betont unter anderem eine große filigrane Kugelleuchte den zentralen Treppenraum. Dieses Element wiederholte sie im Wohnraum sowie im Garten, wo kleinere Kugeln für stimmungsvolle Helligkeit sorgen. Auch die Cortenstahlscheibe am Ende des Gartens wird nachts mit Licht akzentuiert.

Beim Entwurf des Wohnhauses spielten neben gestalterischen auch energetische und wirtschaftliche Aspekte eine wichtige Rolle. Zum einen sollte die Energieversorgung über Geothermie sicher gestellt werden. Mithilfe von zwei 88 Meter tiefen Sonden gelangt die Erdwärme nach oben und wird in Verbindung mit einer Sole-Wasser-Wärmepumpe zur Beheizung der Räume und zur Brauchwassererwärmung genutzt. An heißen Tagen übernimmt die Wärmepumpe durch den integrierten Wärmetauscher sogar die Kühlung der Wohnräume. Aufgrund seiner kompakten Form verfügt das Gebäude zudem über ein energetisch gutes Verhältnis zwischen luftberührter Außenfläche und umbautem Raumvolumen von 0,5 m²/m³, was den Heizenergiebedarf günstig beeinflusst. Für zusätzliche Energieeinsparung sorgt die durchdachte Anordnung und Dimensionierung von Fenstern. Um die passiven solaren Energiegewinne zu optimieren, ist die nach Südwesten ausgerichtete Fassade mit großen Glasflächen ausgestattet, wohingegen die Nordostseite weitgehend geschlossen ist. Abgerundet wird das Konzept durch eine bewusste Reduzierung der eingesetzten Materialien.

In enger Zusammenarbeit zwischen dem Architekturbüro Wolfdieter Albrecht und den Bauherren ist in Mülheim ein puristisches Wohnhaus mit nachhaltigem Gesamtkonzept entstanden, das nicht nur ästhetisch einen klaren Standpunkt in der etwas biederen Umgebung schafft.

Weitere Informationen:

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