Startseite » Themen »

KROON HALL – Das neue Fakultätsgebäude für Umwelttechnik und Forstwirtschaft der Yale Universität

Themen
KROON HALL – Das neue Fakultätsgebäude für Umwelttechnik und Forstwirtschaft der Yale Universität

Im April 2009 stellten die Architekten Mike Taylor und Sir Michael Hopkins das neue Fakultätsgebäude für Forstwirtschaft und Umwelttechnik der Yale Universität fertig. Während der Vorgespräche erfuhren die Projektleiter, dass die Universität über eigenen Waldbesitz in Neu England verfügt. „Nach dieser Entdeckung kamen wir auf die Idee, ein Gebäude mit Mauerwerk und Holzbekleidungen zugestalten. Dabei kann das Holz aus dem eigenen Wald verwendet werden“, so Mike Taylor. Hopkins Architects verwendeten American Red Oak für Treppenund Wandbekleidungen sowie für den höchst beeindruckenden Raum des Dachgeschosses.Die Hälfte des verwendeten Holz ist American Red Oak aus dem Yale Tourney Forest, ein Waldgebiet im äußersten Nordosten des Bundesstaates Connecticut. Er hat eine Fläche von 3.213 ha, ist FSC zertifiziert und besteht überwiegendaus Laubmischwald mit kleinen Kiefer Beständen.

Der Bau, bekannt als Kroon Hall, wurde auf einem ehemaligen Hof-Geländeerrichtet. „Alle attraktiven Standorte waren inzwischen schon bebaut“, so Mike Taylor. Die Nutzung eines Platzes, den man beinahe schon als Industriebrachebezeichnen konnte, passte zu dem Ziel, ein möglichst umweltfreundliches Bauwerkzu gestalten. Wunsch des Auftraggebers war eine CO2-neutrale Bauweise und, dass das Gebäude die höchste Einstufung bei der Gebäudezertifizierung, LEED Platinum (Klassifizierungssystem der Vereinigten Staaten für nachhaltigesBauen), erhält. Das Gebäude besteht aus einem einzelnen Baukörper mit einem Tonnengewölbe. Auf der einen Seite umfasst die Höhe zwei Stockwerke, die andere Seite ist dreistöckig. So wird der Niveauunterschied des Geländes ausgeglichen und die darunter liegende Zufahrt zum Gebäude ermöglicht. Diese Anordnung schafft neue Vorplätze auf beiden Längsseiten.

Es ist zunächst überraschend, dass sich der größte allgemein zugängliche Raum im Dachgeschoss befindet und die üblichen Einzelbüros darunter. Auf Grund der Form des Gebäudes ist das Dachgeschoss der attraktivste Raum. Hier befinden sich ein Umweltzentrum, Unterrichtsräume und Treffpunkte, einschließlich einer Mensa. Dies war der wohl durchdachte Versuch, einen neuen Mittelpunkt für die Fakultät zu schaffen, und um zwanglose Zusammenkünfte auch bei schlechtem Wetter zu ermöglichen. Ein zentral angeordneter Treppenaufgang „zieht“ die Menschen hinauf in diesen Raum und besonders im Erdgeschoss bildet dessen warme Patina einen verlockenden Kontrast zu den kühleren, sichtbaren Betonflächen. American Red Oak wurde für alle Holzarbeiten im Inneren verwendet. Die Ausnahme bildeten die Brettschichtholzbinder, die wie auch die Beschattungen im Außenbereich aus Douglas Fir bestehen. American Red Oak eignet sich nicht für Außenanwendungen in einem so rauen Klima und die Spezifikationen für Brettschichtholzschließen es ebenfalls aus.

Für Hopkins war es das erste Mal, dass er American Red Oak in einem Projekt verwendete. Mit White Oak hatten die Architekten dagegen umfangreich Erfahrungen sammeln können. Besonders bei dem Gebäude für die britischen Parlamentarier, beim Portcullis House und auch bei Haberdasher‘s Hall in derLondoner City. „Wir waren etwas zurückhaltend bei Red Oak,“ sagte Mike Taylor,„aber Red Oak ist „bunter“ als White Oak, zeigt mehr Farbschwankungen und wirkt wärmer.“Bei seinen Holzarbeiten in Großbritannien hängte Hopkins vorgefertigte Wandelemente direkt an den Wänden auf, aber in Yale verwendete er das amerikanische System der gehobelten, massiven Nut und Feder Paneelbretter mit einer V-Fuge. „Man fängt auf einer Seite an und fügt ein Brett an das andere“,erklärte Mike Taylor. Dies ist eine preiswertere Lösung.

Hopkins war in der glücklichen Lage, sich die technisch getrocknete Hobelwaresortieren zu lassen. Bevor das lokale Handwerksunternehmen Legere Group die Bretter anbrachte, gab Hopkins eine Empfehlung für die Sortierung der Bretter.So stellte er sicher, dass Bretter mit extremen Farbvariationen oder zu vielen Ästen nicht verlegt wurden. Handwerker befestigten die Bretter an den Wändenbewusst wie willkürlich angeordnet. Auf dem obersten Stockwerk wurden diese Paneelbretter auch für die äußere Bekleidung einiger Unterrichtsräume verwendet.Dabei reichen die senkrechten Bekleidungen mit ihrem horizontalen Abschluss aus drei Brettreihen bis zur gewölbten Decke hinauf. Die Wände des Haupteingangs sind abwechselnd mit horizontalen und vertikalen Paneelbrettern bekleidet.

Ebenso wie für die Paneelbretter verwendeten die Architekten Red Oak auch fürandere Bauelemente. Alle Treppen haben Trittstufen aus American Red Oak, indie Anti-Rutsch Streifen eingelegt wurden, die gut mit dem Sichtbeton der Setzstufen kontrastieren. Am Ende des Dachgeschosses befindet sich eine Lounge für zwanglose Treffen. Dieser Bereich hat einen massiven Red Oak Fußboden,der als Hohlraumboden mit quadratischen Elementen gestaltet wurde, um jederzeit Zugang zu den darunter befindlichen Versorgungsleitungen zu ermöglichen.Mit dunklen Ledersofas, Wänden mit Holzbekleidungen und einigen im Hintergrund angrenzenden Unterrichtsräumen wirkt dieser Bereich so, als wenn man sich in einer modernen, und betont nicht exklusiven Version, eines Herrenklubs befindet. Niedrige Couchtische ergänzen den harmonischen Eindruck der Lounge. Darüber hinaus gibt es in Kroon Hall weitere Möbel aus Red Oak, insbesondere einige Bänke in der Nähe des Eingangs.Neben den massiven Wandpaneelen fallen besonders die Deckenelemente mit den Red Oak Furnieren auf der gesamten Länge der Dachwölbung auf. Die von der Firma Rulon hergestellten Elemente bestehen aus formaldehydfreien MDF-Platten, in die Öffnungen für die Beleuchtung und die Sprinkleranlage eingelassen wurden. An anderer Stelle enthalten sie Schlitze für die Schalldämpfung.Die Elemente haben massive Kanten aus Red Oak und auch auf den Flächen sind Furniere dieser Holzart zu sehen.

Zunächst war Mike Taylor unsicher, ob der optische Kontrast zwischen den RedOak Paneelen, Furnieren und den Brettschichtholzbalken aus Douglas Firgelingen wird, aber das Ergebnis ist sehr harmonisch. Die Verwendung heimischer Eiche aus Neu England, auch wenn sie nicht für den gesamten Ausbau reichte, stimmt mit dem Bestreben, ein umweltfreundliches Gebäudes zu bauen überein. Äußerlich ist Kroon Hall mit einem hellgelben Sandstein, der auch sonst vielfach für die Gebäude auf dem Universitätsgelände verwendet wurde,verkleidet. So passt sich Kroon Hall optisch an die Nachbargebäude ein. Bei dem Bau von Kroon Hall fiel besonders auf, dass fast jede Entscheidung im Zusammenhang mit seiner Gestaltung auf umweltfreundlichen Vorgaben basierte. Dennoch gelang ein besonders überzeugendes und zweckmäßiges Stück Architektur, das seine umweltfreundliche Bauweise nicht jedem offen zeigt, sondern nur den Experten. Das Architektenbüro Hopkins plante eines der„grünsten“ Gebäude in den Vereinigten Staaten. Dabei nutzten sie viele Verfahren, die für Westeuropa durchaus üblich waren. Im extremeren Klima von New Haven, Connecticut, mit heißen, feuchten Sommern und kalten Wintern,werden diese Verfahren eher weniger angewandt. Nur während der angenehmen Jahreszeiten, Frühling und Herbst, konnte man davon ausgehen, dass das Gebäude völlig mit natürlicher Belüftung auskommt.

Um einen möglichst niedrigen Energieverbrauch zu erzielen, sollte das Gebäude eine optimale Ausrichtung, große thermisch wirksame Massen sowie eine gute Isolierung aufweisen. Dafür benötigt man möglichst viel natürliches Licht und eine offene Südfassade, um im Winter Sonnenenergie zu gewinnen, aber mit Abschattung, um die hochstehende Sommersonne nicht in das Gebäude hineinscheinen zu lassen. Um den Energieverbrauch so gering wie möglich zu halten,erhielt das Gebäude Fenster, die im Frühjahr und Herbst geöffnet werden können. Dies geschieht mit Hilfe eines Systems von roten und grünen Indikatoren,die anzeigen, wann eine Öffnung der Fenster angebracht ist. Während der übrigen Zeit wird im Gebäude eine Quelllüftung mit Wärmerückgewinnung genutzt. Das Heizen und Kühlen erfolgt durch Wärmeaustausch mit geothermischen Brunnen, die bis zu 500 Meter in die Tiefe gehen. Zusätzlich ist auf dem Dach eine Photovoltaikanlage installiert, die ebenfalls erneuerbare Energien erzeugt.

Im Allgemeinen denkt man bei dem Begriff „Umweltleistung“ zunächst nur an die Energieeinsparung, aber auch Wasser ist eine wertvolle Ressource. Die Architekten haben das entsprechend bei ihrer Planung berücksichtigt. Es gibt ein Auffangsystem für das Regenwasser vom Dach und im Garten. Im Süden der Hoffläche, wurde ein Reinigungssystem für dieses Wasser installiert. Das Regenwasser wird auf einen Gartenbereich mit Wasserpflanzen geleitet, welche die Schwimmstoffe und Verunreinigungen herausfiltern. Anschließend gelangt esin unterirdische Lagertanks und wird für die Toilettenspülung verwendet. Die Fakultät für Forstwirtschaft und Umwelttechnik schätzt, dass jährlich 2.000 m³ Wasser durch dieses System eingespart werden können.

Das Architekturbüro gestaltete auch den Personenaufzug umweltfreundlich. Ein hydraulisches Aufzugssystem mit Tragseilen und Gegengewichten, um weniger Energie zu benötigen. Gleichermaßen bedeutsam ist die Position der Treppe in der Mitte des Gebäudes, die dazu beiträgt, dass nur Personen den Aufzug benutzen, die auf einen Lift angewiesen sind.Bei der Fertigstellung von Kroon Hall im April 2009 lobte der Präsident der Yale Universität, Richard C. Levin, den Bau als, „das soweit nachhaltigste Gebäudeder Yale Universität“, und ergänzte, er hoffe, „dass die angewendeten Konzepte zur Einsparung von Energie viele Nachahmer finden und andere anregt, die Bauweise von „Green Buildings“ weiter zu entwickeln. „Dieses Gebäude könnte überall errichtet werden und es hätte immer Erfolg in architektonischer und nachhaltiger Hinsicht. Die Tatsache jedoch, dass es ein hässliches Kraftwerk ersetzt und das Interesse auf eine Fakultät lenkte, die vorher in einem seelenlosen Gebäude-Durcheinander untergebracht war, ist ein zusätzlicher Gewinn. Und was gibt es besseres für Studenten und Lehrkörper, als immer an ihr Studienfach erinnert zu werden, wenn sie auf diese Red Oak Wände schauen?

arcguide Sonderausgabe 2023
Projekte
arcguide Partner
Architektenprofile
 


Sie möchten auch Ihr Büro präsentieren und Ihre neuesten Projekte vorstellen? Zum Antragsformular »


Sie haben bereits ein Büroprofil auf arcguide.de und möchten Ihre neuesten Projekte vorstellen? Zum Projektformular »

Ausschreibungen
Konradin Architektur
Titelbild md 03-04
Ausgabe
03-04.2024 kaufen
EINZELHEFT
ABO

 


Architektur Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Architektur-Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum arcguide Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des arcguide Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de