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Im Rhythmus der Gezeiten. Hafen 27 Sylt von noa*

Wohnen | Sylt | noa*
Im Rhythmus der Gezeiten

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Die Hülle war vorhanden. Aber es musste ihr Leben eingehaucht werden. Was eignet sich da besser, als vom „genius loci“ inspirieren zu lassen. Für eine neu errichtete Ferienhausanlage übersetzte noa* die nordischen Naturgewalten in die Sprache der Innenarchitektur.

Auf der deutschen Nordseeinsel Sylt treffen die Gezeiten aufeinander: Wind, Wasser und Wolken skizzieren hier eine faszinierende Kulisse, die in ihren rhythmischen Zyklen überraschend wie überwältigend ist. In diesem Szenario, an einer Stelle, wo die Nordsee auf das Wattenmeer trifft und die Schnittlinie in ein zweifarbiges, flüssiges Spektakel verwandelt, unweit des Hafens, entstand eine Reihe leicht gegeneinander versetzter Feriendomizile, die sich in warmen Grautönen der Echtholzfassade aus Lärche über den grasigen Sanddünen erheben.

All diese Eindrücke, die sich im nächsten Augenblick verflüchtigen und wieder in anderer Formation neu entstehen versuchte noa* einzufangen und in materialisierter Form beim Entwickeln des Interiors wiederzugeben. Dabei entstand eine Art Momentaufnahme, in der sich das Flair von Strand und Meer widerspiegelt. Patrick Gürtler, leitender Innenarchitekt bei Hafen 27 Sylt, war von Beginn an besonders vom schnellen Wetterwechsel beeindruckt: „Schwarz und Weiß gehen hier ineinander über und dazwischen ergibt sich eine Fülle an sanften Beigetönen, die charakteristisch für diesen Ort sind.“

Einklang der Gegensätze

Es sind demnach die Kontraste, die bei diesem detailreichen Interior-Projekt den Ton angeben. Jedes einzelne der elf Häuser verfügt insgesamt über vier Etagen. Durch das Entrée betritt man eine offene Wohnlandschaft, der sich zur einen Seite zum Wattenmeer, zur anderen Seite zur Stadt hin orientiert. Hier findet das gesellschaftliche Wohnen statt: Die Küche aus geöltem Eichenholz mit Arbeitsplatte aus Granit fängt den Blick unter anderem mit ihren schwarzen, grafischen Linien. Dem dunklen Holzfarbton gegenüber steht der helle Boden aus marokkanischem Stein, der mit seiner Struktur an den Sand der Dünen erinnert. Das Beige nehmen die Stoff-Leuchten rund um den Essbereich wieder auf, während sich das Dunkle wiederum auf der gegenüber liegende Seite im Wohnbereich als Langdielenboden in vergrauter Eiche fortsetzt.

„Die Anmutung von Treibholz, Sand und Segeltuch lassen gleichzeitig auch den Wind, der über die Dünenlandschaft fegt und die Wolken formt, spüren.“

In der Mitte, an der Schnittstelle zwischen dem einladenden Wohnbereich und der großzügigen Küche mit Essplatz, fließen viele Funktionen zusammen: Ankommen, Ablegen, zu Hause sein. Als Pendant zur Garderobe mit praktischem Netz zum Einhängen – eine Hommage an die Fischerei – bildet ein übergroßes Postkarten-Motiv von den Anfängen der Sylter Badekultur, die das gesamte Ambiente prägt. Immer wieder gibt es Zitate an die Muster der maritim angehauchten Badekleidung, die man anno dazumal getragen hatte – oder eben auch nicht.

Gegenüber positioniert sich die Treppe, die einen Fahrstuhl mit einem luftig und leicht wirkenden Geländer aus netzbespannten Ausfachungen umschließt, als zentraler Dreh- und Angelpunkt des Hauses. Der platzsparende Vakuumlift befördert Personen in alle vier Stockwerke. Die Wand des Stiegenaufgangs wird von einem optischen Spiel mit unterschiedlich großen Punkten auf einem Holzrelief bespielt, wobei ein faszinierender 3D-Effekt entsteht.

„Hier entfaltet sich das Motiv der Horizonte, das Aufeinander Zulaufen von Strand und Himmel, das im Horizont mündet. Besonders intensiv erlebbar wird das mit dem Auf und Ab im Fahrstuhl, wobei sich der Horizont öffnet und wieder schließt“, erklärt Patrick Gürtler den Hintergrund zu diesem Design.

Nicht zuletzt rund ist auch der Kamin, der wie ein Lampenschirm über dem Feuer hängt. Inspiriert von den gekachelten Exemplaren dieser Region entstand diese innovative Interpretation, deren Bespannung mit einem echten Textil eine echte Herausforderung war.

Mit maritimem Vokabular

Jedes Haus verfügt über vier Schlafzimmer: eines im so genannten Dünen-Geschoss, das sich über einen großzügigen Schacht echtes Tageslicht holt, zwei im ersten Obergeschoss und der Masterbedroom im Dachgeschoss. Schon im Dünengeschoss beginnt die bis ins kleinste Detail durchkomponierte Inszenierung mit ausgewählten Stoffmotiven, Leinen als Vorhang und als Leuchten, die – in Form einer Laterne oder eines Segels – mit einem Leuchtenhersteller gemeinsam entwickelt wurden.

„In unser Interiorkonzept fließen die Farben der Dünen, das Spiel zwischen Licht und Schatten und das Maritime ein, die hier aufeinandertreffen und zu einer Einheit werden.“

Im ersten Obergeschoss finden sich gleich zwei Schlafzimmer mit eigenem Bad, voneinander getrennt vom durchgängigen Element der treppenumringte Lift. Hier fließt der Raum, denn der Schlafbereich wird vom Nassbereich lediglich durch eine ornamenthafte Konstruktion aus an Bootsklampen befestigten Tauen separiert. Während der helle, strukturierte marokkanischen Wüstenstein das Bad im Untergeschoss dominiert, so ist es hier oben der dunkle, fast schwarze belgische Blaustein, der das Erleben der Naturgewalten und das stete Changieren der Wolken in Erinnerung ruft. Alles scheint aus einem Guss: Sogar der Waschtisch ist nahezu aus einem einzigen Block des Blausteins gearbeitet, und der Spiegel an der Decke streckt den Raum ins Unendliche.

Rauminszenierung mit Tiefgang

Der Masterbedroom im Dachgeschoss gliedert sich in einen Wellness- und einen Schlafbereich. Von der privaten Sauna aus Espenholz, eingefasst in das raumbildende Geflecht aus Seilen, kann man auf das Meer blicken und dem dynamischen Wolkenspiel folgen. In der Ferne erkennt man vielleicht sogar den historischen Eisenbahndamm, der die Insel mit dem Festland verbindet. Dusche und Toilette verschwinden hinter doppeltverspiegelten Türen, die nicht nur Sichtschutz, sondern auch eine außergewöhnlich faszinierende Raumwahrnehmung ins Spiel bringen.

Text: Barbara Jahn-Rösel


Standort: Sylt
Bauherr:
privat
Typologie:
Wohnen
Architektur: noa* network of architecture
Bauzeit: Juni 2020 – August 2021
Fläche: 270 m² pro Einheit (11 Häuser insgesamt)
Volumen: 890 m³ pro Einheit (11 Häuser insgesamt)


Monastero: Hinter Klostermauern


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