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Ziegeleimuseum, Ziegeleipark Mildenberg

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Ziegeleimuseum, Ziegeleipark Mildenberg

Der Architekt als Erzähler und Szenograph
Dass Architekten Gebäude bis ins letzte Detail und die Einzelheiten ihrer Ausstattung und Möblierung gestalten ist heute seltener geworden, hat aber eine lange Tradition – von Alfred Messel über Peter Behrens bis zu Arne Jacobsen.
Somit ist es nicht ungewöhnlich, dass Tom Duncan und Noel McCauley, die in Zehdenick bei Berlin gerade ein Ziegeleimuseum fertig gestellt haben, angefangen vom Gebäude bis zu den Stationen der Ausstellung und ihrer Bebilderung jedes einzelne Detail des neuen Museums selbst planten. Dennoch überschreitet ihre Arbeit die Grenze traditioneller Raumgestaltung – denn sie begnügen sich nicht mit dem Gestalten, sie erzählen.
Die Architektur der Ausstellungsräume – in wesentlichen Teilen zwei Ziegel-Ringöfen vom Beginn des 20. Jahrhunderts – bilden die räumliche Kulisse für ein dokumentarisches Erzählen, das historische Dokumente, die Dramaturgie des Raums und filmische Mitteln mit-einander verbindet. Tom Duncan, der neben seiner architektonischen Ausbildung auch Filmdramaturgie studierte, spricht gerne vom erzählenden Raum um die eigenen Arbeitsweise zu umschreiben. Sie besteht nicht zuletzt in der dichten Verknüpfung architektonischer und filmischer Mittel. Die aus England und Irland stammenden Architekten erweitern das Aktionsfeld des Architekten also nicht in die Tiefe, sondern in die Breite. In vielfältige Weise werden Ausstellungstücke, Licht, Bilder und Texte und eben vor allem filmische Mittel mit dem vorgefundenen Ort kombiniert: So mit Sequenzen alter Industriefilme, die dem Betrachter erlauben, sich die Produktionsstraße im laufenden Betrieb vorzustellen oder in Form von Videos, in denen ehemalige Ziegeleiangestellte den Herstellungsprozess erklären. Die filmische Darstellung ist mit mehreren Audiokanälen gekoppelt, wodurch eine intensive Korrespondenz zwischen Bildern und akustischer Wahrnehmung entsteht.
Um dem Besucher eine lebendige Idee von dieser allerjüngsten, aber doch entrückten Industriegeschichte zu geben, beginnt der Rundgang mit einem kleinen Spielfilm: Plansoll, eine filmische Alltagsminiatur der späten DDR, schildert, wie dem Kollektiv mancher Widrigkeit zum Trotz gelingt, das erhoffte Planziel zu erreichen.
Als weiteres Element tritt ein illusionistisches Spiel von Film und Wirklichkeit hinzu: Die Architekten installierten Videoprojektionen der Arbeitsabläufe – vor Ort gefilmt – an den betreffenden Punkten der Produktionshallen. Hier treten die Schauspieler aus dem Kurzspielfilm erneut auf. Wir sehen auf der Leinwand, wie sie die mit Ton gefüllte Lore von rechts nach links durch das Bild schieben – unmittelbar hinter der Leinwand rollt wie von Geisterhand bewegt eine echte Lore durchs Bild.
Ähnlich unmittelbar werden die Sinne im Ringofen II angesprochen. Wo einst die Stapel der Rohziegeln bis zur Decke reichen, kann der Besucher das 80 Meter lange und 3 Meter hohe Oval des Ringofens heute ungehindert durchschreiten. Der gläserne, elektronisch präparierte Ziegel, den er am Eingang in Empfang genommen hat, erweist sich als Chamäleon: Beim Gang durch den Brenntunnel verändert er seine Farbe so wie es ein Ziegel im jeweiligen Brennstadium tun würde. Auf bis zu 980 Grad, rot glühend, wurden die Ziegel im Brennoffen einst erhitzt. Der Raum selbst wird auf diese Weise zum Medium, er ist Denkmal, museale Kulisse und Erlebnisraum in einem. Und die Architektur wird zur Kulisse und zugleich zum Mittel des Erzählens.
(Frank Peter Jäger)
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