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Klosterkirche Worth Abbey: Modernes Kirchenmobiliar aus American Black Walnut

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Klosterkirche Worth Abbey: Modernes Kirchenmobiliar aus American Black Walnut

Für die Restaurierung der 1974 erbauten Worth Abbey Church, Südengland, wurde das Architektenbüro Heatherwick Studio beauftragt, einen Vorschlag für eine umfangreiche Renovierung und ein neues Kirchenmobiliar der Klosterkirche zu entwickeln. Inhaber Thomas Heatherwick entschied sich, als Material für das Mobiliar die amerikanische Laubholzart American Black Walnut zu verwenden, um der Kapelle ein farbenprächtiges Aussehen zu verleihen. Die Art und Weise der Konstruktion entspricht voll und ganz der Gestaltungsphilosophie von Thomas Heatherwick: Nachdem die Entscheidung auf Massivholz als Material und eine klare Linienführung in der Arbeitsweise gefallen war, entwickelte sein Team eine aufsehenerregende Massivholzkonstruktion für das Mobiliar, die gut zu den rechteckigen Wänden der Kirche und ihre kreisrunden Bauweise passt.

Die Worth Abbey Church liegt in der hügeligen Kreidelandschaft der South Downs im Süden Englands und ist ein auffälliger Blickpunkt. Angelehnt an einen Bergrücken, hebt sich ihr bemerkenswert kegelförmig geneigtes Dach deutlich von der darunterliegenden friedlichen und leicht hügeligen Landschaft ab. In dem Kloster leben 25 englische Benediktinermönche und betreuen eine Schule, eine Kirchengemeinde und ein Klausurgebäude. Der Architekt Francis Pollen entwarf die Worth Abbey Church, die von vielen Fachleuten als bestes Beispiel seines Stils bezeichnet wird.

Anforderungen an die Umsetzung
Das Sortiment des Kirchenmobiliars umfasste Kirchenbänke, Chorgestühl, Miserikordiensitzen und entsprechende Pulte. Weiterhin sollten Bänke, Kredenztische, Sitze für die Messdiener und Beichtstühle mit in die Planung einbezogen werden. Seit ihrer Einweihung im Jahre 1974 besaß die Klosterkirche freistehende Stühle. Dieses wirkte sich negativ auf die Raumwirkung aus. Zudem entstand der Eindruck, als handele es sich lediglich um ein Provisorium. Daher entschieden die Mönche, dass es an der Zeit sei, die Kirche zu renovieren: Bei dieser Gelegenheit sollte ein besser zueinander passendes Mobiliar für die Gemeinde und die Geistlichkeit eingebaut werden. Das ursprüngliche Auditorium der Klosterkirche besitzt eine spürbare Spiritualität: Dies ist mit modernen Materialien – ohne den erforderlichen, historischen und religiösen architektonischen Bezug – kaum zu erreichen.

Warum American Black Walnut?
Zur Beibehaltung der Spiritualität wählte Thomas Heatherwick Materialien, die Francis Pollen verwendet hatte. Er entschied sich daher, das neue Mobiliar durchweg aus Massivholz anzufertigen. Für einen Raum, der natürliche und neutrale Farbtöne aufweist, wäre als traditionellere Holzart sicherlich American Oak geeignet. Bei einer moderneren Ausrichtung hätte man sich für eine blasse Holzart wie American Maple entscheiden können. Das dunkle Kernholz American Black Walnut jedoch verleiht der Kapelle ein farbintensives Aussehen und gibt dem Design des Mobiliars eine besonders charakteristische Note. Eine leichte Wärme hingegen erzeugt das cremefarbene Splintholz, jedoch ohne von den Zelebranten und der Gemeinde abzulenken, die im Mittelpunkt jedes Gottesdienstes stehen. Heatherwick dazu: „Black Walnut wurde wegen seiner dunklen Farbe und feinen Struktur eingesetzt. Und weil es trotz der umfangreichen Verwendung den Raum nicht dominiert.“

Philosophie des Heatherwick Studios
Thomas Heatherwick erhielt seine Ausbildung an der Fachhochschule in Manchester und am Royal College of Art. Seit seiner Gründung im Jahre 1994 hat sein Studio eine Reputation für künstlerisch erstaunliche Lösungen unterschiedlicher Gestaltungswünsche der Kunden erlangt. Die Spannbreite der Arbeiten reicht vom Produktdesign zu größeren Architektur- und Hochbauprojekten. Das Studio beschäftigt Fachleute für viele Bereiche: Architektur, Produktdesign, Modell-, Metall- und Landschaftsbau sowie Kultur- und Museumsmanagement. Entscheidend bei den Renovierungsarbeiten der Klosterkirche Worth Abbey war, dass das Unternehmen es gewohnt ist, sensible historische Zusammenhänge zu beachten. Dabei wird Wert auf ein strenges Arbeitsethos gelegt. In einer eingliederten Werkstatt können Modelle und Prototypen selbst angefertigt werden. Diese Möglichkeit ist sehr wertvoll für Heatherwick, weil so der Blick für die Ausführung ihrer angenommenen Aufträge geschärft wird.

Mobiliar der Worth Abbey Church
Beim Betreten des Mittelganges fällt besonders das Gestühl auf. Es erdrückt weder den Raum noch ist es in den Abmessungen zu klein ausgefallen und bietet Platz für 700 Gottesdienstbesucher. Bei Bedarf kann das Gestühl sogar verdoppelt werden. Die kreisförmig angeordnete Bestuhlung mit dem Altar aus Stein im Zentrum wurde beibehalten. Da das ursprüngliche Gestühl für die Gemeinde keine Betbänke hatte, wurden diese gleich integriert. Das gesamte Mobiliar wurde von der Firma Artezan angefertigt, einem auf Innenausbauten spezialisierten Unternehmensbereich der britischen Swift Horsman Gruppe. Artezan erhielt den Auftrag für die Fertigung der Holzarbeiten aufgrund der Flexibilität und der Erfahrungen, die das Unternehmen bei der Herstellung von herausfordernden Innenausbauten erlangen konnte. Swift hat alle Erwartungen erfüllt und gute Arbeit geleistet. Thomas Heatherwick resümiert, dass er „ungemein beeindruckt von der Qualität der Holzarbeiten und dem fabelhaften Einsatz dieser Firma bei diesem anspruchsvollen Auftrag war.“

In das Gestühl wurde aufgrund des gängigen Schwindverhaltens einer Massivholzkonstruktion ein Metallrahmen eingebaut, um es für den alltäglichen Gebrauch zu stabilisieren. Dieser Rahmen verbindet gleichzeitig die Betbänke mit den Sitzbänken und ermöglicht, dass jede Kirchenbank frei stehen kann. Für die Zusammenarbeit mit dem Handwerkerteam von Swift Horsman wurden aufwändige Montagegestelle entworfen und gebaut. Auf diese Weise konnte man komplizierte Verklebungen, die Bestandteil des Designs waren, ermöglichen. Historische Verbindung von Tradition und Moderne

Den faszinierendsten und raffiniertesten Anblick bietet ein 0,6 mm dickes Eschen-Furnierband, das zwischen die massiven Black Walnut Teile eingeklebt ist. Dieses Detail stellt eine historische Verbindung zwischen traditionellen Intarsienarbeiten und einer sehr zeitgemäßen und plastischen Gestaltung her. Von weitem ist dieses eingelegte Furnier kaum wahrnehmbar, aber je näher man zu dem Gestühl kommt, umso deutlicher wird es sichtbar und wirkt effektiv als unauffällige Überraschung –zusätzlich zu dem Gesamteindruck. Dies ist ein besonders kunstvoller Aspekt des Konzeptes, der sich in der gesamten Kollektion des Mobiliars wiederfindet. Vor allem im Chorgestühl für die Mönche wird das sehr deutlich zur Geltung gebracht, weil dort die Winkel der Klebefugen mit den Wölbungen der Rückenlehnen übereinstimmen und so einen Welleneffekt in dem Eschen-Furnierband hervorrufen. Damit wird der Blick der Gemeinde unwillkürlich auf den Hauptprediger des Tages gelenkt.

Der Gesamteindruck bestätigt, dass das neu gestaltete Kirchenmobiliar das Konzept von Francis Pollen dadurch ergänzt, dass ein verstärktes Gefühl von „Einheitlichkeit“ zum Ausdruck gebracht wird. Andererseits haben aber auch praktische Überlegungen im Zusammenhang mit dem Ablauf der Gottesdienste bei der neuen Gestaltung eine Rolle gespielt.

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