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Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum

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Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum

Mit der Errichtung des Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrums hat die Zentralbibliothek der Universitätsbibliothek nun erstmals in ihrer fast 180-jährigen Geschichte ein eigenes Gebäude erhalten.

12 verschiedene Zweig- und Teilbibliotheken mit insgesamt 2.500.000 Medieneinheiten finden hier ein neues Zuhause. Hierbei handelt es sich um ein deutschlandweit einmaliges Angebot mit 2.000.000 Medien im Freihandbestand.

 Der Leiter der Bibliothek Milan Bulaty gerät ins Schwärmen, wenn er von seinem neuen Haus erzählt. Schön sollte es sein, funktional und zeitlos. Einen zentralen Lesesaal mit Tischen und Lampen sollte es geben und Loungebereiche, die als Treffpunkte dienen. All diese Wünsche der Bibliotheksleitung spiegelte der Entwurf des Schweizer Architekten Max Dudler wieder, der im Jahr 2004 als Wettbewerbssieger aus 277 Entwürfen hervorging.

Nur wenige Entwürfe der anderen Teilnehmer sind über die Traufhöhe hinausgegangen. Dudler hat bewusst das Volumen von der S-Bahn her zurückgenommen und damit einen  sehr schön proportionierten Stadtplatz geschaffen, der gleichzeitig eine wichtige Wegeverbindung zwischen der Museumsinsel und der Friedrichstadt herstellt.

Nordseitig wurde das Gebäude höhengleich an die vorhandene Brandwand angebaut; der an den neuen Platz angrenzende höhere Baukörper bildet parallel zum S-Bahnviadukt ein städtebaulich repräsentatives Merkzeichen heraus.

Im Inneren setzt sich der Stadtplatz als langgestreckte, zweigeschossige Eingangshalle fort, die die Cafeteria und einige weitere öffentliche Funktionen aufnimmt und in der rege Betriebsamkeit herrscht. Nachdem man sich durch einen dunklen schmalen Gang ins Untergeschoss begeben hat, um sich seiner Garderobe zu entledigen, gelangt man zurück durch das Foyer über eine breite einläufige Treppe zum Herzstück des Gebäudes: Einem zentralen Lesesaal mit 252 Arbeitsplätzen. Die Atmosphäre im Lesesaal ist geprägt von dem warmen Kirschholzfurnier, dem dunklen Grün der Tischplatten und den individuell steuerbaren Tischlampen. Zunächst wirkt der Saal eher introvertiert, auf den zweiten Blick gibt jedoch er den Blick frei in die Stadt und die angrenzenden Buchbestände, über die Oberlichter gelangt Tageslicht hinein.

Hervorragend gelöst ist die Einbettung des Saales in die Freihandbereiche. Terrassenförmig erstrecken sich die Arbeitsplätze über 5 Etagen – Max Dudler assoziiert hier „die hängende Gärten“ von Babylon. Von allen Arbeitsplätzen führen kurze Wege zu den Buchbeständen. 

Nicht nur der Lesesaal, das gesamte Gebäude ist geprägt durch eine klare, sachliche Formensprache, den reduzierten Einsatz von Materialien und Farben, durch eine symmetrische Ordnung und vor allem aber durch die Stringenz, mit der sich das Grundraster von 60cm als Skelett durch das gesamte Gebäude zieht.

Abgeleitet aus der kleinste Einheit –dem Buch – leitet sich eine Regaltiefe von 60 cm ab, die im Wechsel mit der Flurbreite von 90cm ein Rastermaß von 1.50 m bildet.

Nicht nur die innen liegenden Stützen nehmen dieses Rastermaß in Abständen von 3 Metern bis zu 12 Metern auf, es zeichnet sich auch im Vertikalschnitt und in den Fassaden ab.

Gestapelte Stützen aus Kalkstein mit einer Breite von 60 cm und bodentiefe Fenster aus Glas ohne Rahmen und Fensterbänke bilden die sehr abstrakt gehaltene Fassade. Die Fensterbreiten variieren in drei verschiedenen Grundmaßen je nach Nutzung im Inneren. Hinter den schmalen Fensterschlitzen befinden sich die Archivbereiche, die breiteren Fenster versorgen die außerhalb des zentralen Lesesaales gelegenen Arbeitsbereiche.

Dass hier trotz knapper Mittel ein Haus von so großer Eleganz entstehen konnte (der Kostenrahmen von 75 Mio. € wurde eingehalten und nicht überschritten), ist nach Milan Bulatys Worten auf die außergewöhnlich gute Zusammenarbeit zwischen Bibliotheksleitung und Architekten zurückzuführen. Gemeinsam ist man gereist, um verschiedene Bibliotheken zu besichtigen und zu studieren, viele Themen wurden disziplinenübergreifend diskutiert und in Frage gestellt.

Beispielsweise hat man zwar ein vertikales Buch-Transportsystem eingebaut, aber auf ein durchaus übliches horizontales Fördersystem verzichtet. Allein dadurch konnten 6-9 Mio. € eingespart werden, die Betriebskosten verringern sich ebenfalls. Dieses Geld konnte stattdessen in 7.000 m2 amerikanisches Kirschholzfurnier aus nur einer Marge – des einheitlichen Furnierbildes wegen – investiert werden.

Wurde Milan Bulaty von seinen Fach-Kollegen auch kritisiert wegen des zentralen Lesesaales, den im heutigen digitalen Zeitalter doch niemand mehr benötige, so sprechen die Besucherzahlen für sich. Ca. 5.000 Besucher sind es am Tag, die die Bibliothek nutzen und sich bereits gegenseitig die begehrten Leseplätze streitig machen. Zur Zeit ist die Bibliotheksleitung aufgrund des großen Andranges damit beschäftigt, ein sinnvolles System zu finden, um den Studierenden der Humboldt Universität ausreichenden Zugang zu freien Lese- und Arbeitsplätzen zu gewährleisten. 

Zum Abschluss noch ein Zitat von Milan Bulaty: IST SIE SCHÖN? JA, SIE IST SCHÖN!

Anfahrt: S-Bhf Friedrichstraße, 5 Minuten Fußweg

Weitere Informationen:

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