Startseite » Themen »

American White Oak für das Schifffahrtsmuseum in Antwerpen

Themen
American White Oak für das Schifffahrtsmuseum in Antwerpen

Antwerpen hat ein ehrgeiziges städtisches Erneuerungsprogramm in Angriff genommen, um das historische Hafenviertel nahe der Innenstadt in Büros, Wohnquartiere und kulturelle Einrichtungen umzubauen. Im Zentrum dieses Vorhabens entstand auf den Resten eines alten Speichers aus der Hansezeit ein 63 Meter hohes Gebäude – das „Museum aan de Stroom“ (Museum am Fluss). Für den Innenausbau wählten die Architekten American White Oak, da dieses Holz aufgrund seiner Festigkeit die hohen qualitativen Ansprüche der Bauherren erfüllte. Seit Mai 2010 ist das Museum teilweise für Besucher geöffnet: Sie können bereits die Räume im Erdgeschoss besichtigen. Die weiteren Ausstellungsräume werden voraussichtlich ab Mai 2011 für die Allgemeinheit zugänglich sein.

Verlegung der American White Oak Dielen
Das Gebäude ist zehn Stockwerke hoch, die jeweils eine Geschossfläche von 1.500 m² aufweisen. Der Baukörper des Turmgebäudes ruht auf einem zentralen Betonkern von 13 x 13 Metern. Riesige Metallrahmen wurden an diesem Kern angebracht und tragen die Geschossflächen von 38,7 x 38,7 Metern. Verschiedene Geschossdecken sind versetzt angeordnet und sehen wie ineinander verschachtelte Würfel aus, die große Überhänge bilden. Diese Anordnung hatte einen direkten Einfluss auf die Art und Weise, wie der Dielenboden aus massiver American White Oak gestaltet und installiert wurde. Ursprünglich wünschten sich die Architekten einen möglichst traditionellen Fußboden aus American Oak. Diesen wollten sie auf massiven doppelten Querbalken verlegen, die für eine Belastung von bis zu 500 Kilogramm ausgelegt waren. Darüber hinaus hatten sie strenge Anforderungen an die Qualität des Bodens: Sie planten, Dielen mit einer einheitlichen Abmessung von 3.500 mm Länge x 150 mm Breite x 35 mm Dicke in bester Qualität verlegen zu lassen. Das Architektenteam entschied sich, einen Unterboden aus Gipsbauplatten einzubauen. Diese Fußbodenlösung bietet verschiedene Vorteile: Erstens bedeutet das eine zusätzliche mechanische Festigkeit. Mit diesem Unterboden vermeiden die Architekten, dass die Dielen nach einigen Jahren zu knarren beginnen.

Zweitens ermöglicht diese Lösung mehr Flexibilität beim Aufstellen der Schaukästen, da sich so ein Raum für die elektrische Verkabelung unter den Gipsplatten ergibt. Drittens erhöht sich bei dem System mit den massiven Querbalken die Holzfeuchte des Fußbodens, während die Bauplatten völlig trocken sind. Dies half, die Anzahl der Dehnungsfugen auf jedem Geschoss zu reduzieren. Die Bauplatten liegen auf kleinen, individuell in der Höhe verstellbaren Stützen, die nach Stabilisierung des Betonbodens einmalig auf das fertige Niveau des Holzfußbodens eingestellt wurden. Im Hinblick auf die sehr große Fläche von insgesamt etwa 7.000 m² und der geforderten hohen Qualität schlug die Verlegefirma Rudy de Keyser vor, American White Oak zu verwenden. Die kürzeren Dielen wurden entlang der Wände eingesetzt, um so exakte Fugen bei den Ecken zu erhalten. In der Mitte des Bodens verlegten die Architekten Dielen mit durchschnittlich 3.000 bis 4.000 mm Länge. Mit Nut und Feder versehene Fußbodendielen wurden auf die Gipsbauplatten geklebt und genagelt. Die geölte Nutzschicht jeder Diele ist acht Millimeter dick. Zusätzlich trugen die Planer ein Feuerschutzmittel auf Salzbasis auf, besonders in den Bereichen der Fluchtwege. „Trotz dieser verschiedenen Behandlungen ist die Farbe von American White Oak überall im Gebäude sehr einheitlich geblieben, und wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis“, kommentierte Mark Sette, einer der für das Projekt zuständigen Architekten.

Ein Bau wie eine Schatztruhe
Die Fassaden wurden mit indischem Sandstein in vier verschiedenen Farbtönen von Orange bis Mittelbraun sorgfältig gestaltet. In den offenen Bereichen des Gebäudes, zwischen den unterschiedlich überhängenden Geschossdecken, wurden riesige fünf Meter hohe Glassäulen eingebaut, um einen Panorama-Blick auf die Silhouette von Antwerpen zu gewähren. In einigen Ecken des Gebäudes reichen die Säulen mit über elf Metern Höhe sogar über zwei Etagen. So bieten sich spektakuläre Aussichten auf die Stadt und die Uferstraße. Die speziell in Italien angefertigten Glassäulen sind wellenförmig angeordnet. Dadurch haben sie einen hohen mechanischen Widerstand gegen Wind und benötigen nur ein Minimum an Halterungen. So entstand ein besonders weiter Ausblick auf die historische Altstadt. Eine Reihe von Rolltreppen erlaubt es Fußgängern, nach oben und um das Gebäude herum zu gehen, auch wenn das Museum geschlossen ist. Am Ende jeder Rolltreppe befinden sich große verglaste Bereiche, die es den Besuchern ermöglichen, die Skyline von Antwerpen zu überblicken. Im obersten Stockwerk sind das Dachrestaurant und eine Empfangshalle mit Panoramablick. Als starker Kontrast zu den Verglasungen haben einige Ausstellungsräume keine Fenster, um Schäden an den Exponaten durch Tageslicht zu vermeiden. Hier installierten die Architekten Betonwände mit einer aufgebrachten Holztextur, um die „Schatztruhen-Atmosphäre“ zu erhöhen.

Antwerpen – „die fortgeworfene Hand“
In regelmäßigen Abständen sind an den Wänden des Museums etwa 3.000 Aluminium-Hände befestigt. Sie weisen auf eine alte Sage hin, die erläutert, wie Antwerpen zu seinem Namen kam: Antwerpen = die fortgeworfene Hand. Der Sage nach bewachte ein Riese den Fluss Schelde und kassierte von jedem einfahrenden Schiff Wegzoll. Das ging so lange, bis Brabo, der Held der Stadt, dem Riesen die Hand abschnitt und sie in den Fluss warf. Heute steht eine Statue von Brabo vor dem Rathaus auf dem alten Marktplatz.

Auf einer Seite des Platzes zum Eingang des Museums stehen im Erdgeschoss vier 12 x 2 Meter große Pavillons. Darin sind der Empfang, ein Café sowie ein Museumsladen untergebracht. Diese Bereiche sind seit Mai 2010 zu besichtigen. Bis zur Eröffnung der Ausstellungsräume 2011 werden die Mitarbeiter des Museums zunächst die etwa 460.000 Ausstellungsstücke aufstellen. Zusammen mit den Sammlungen des nationalen Schifffahrtsmuseums soll das „Museum aan de Stroom“ viele weitere Sammlungen mit Erinnerungen an die Vergangenheit beherbergen. Sowohl Antiquitäten als auch völkerkundliche Sammlungen aus Ländern aller Welt sollen die „Schatztruhe“ bereichern. So soll das Museum eine wichtige neue Sehenswürdigkeit der Stadt werden und die gesammelten Erinnerungen an das maritime Erbe zeigen. „Wir wollten die Atmosphäre einer alten Schatztruhe herstellen, in der Besucher tausende von Ausstellungsstücken aus der maritimen Vergangenheit von Antwerpen entdecken können“, erklärte Mark Sette. Die kubische Bauform nimmt Bezug auf die restaurierten alten Speicher, die ein vertrauter Anblick am Bonaparte Hafenbecken mit einer der ältesten Uferstraßen Antwerpens sind.

Daten und Zahlen:
Entwurf:
Neutelings-Riedijk Architecten
Ausführende Architekten:
Bureau Bouwtechniek
Baukonsortium:
Cordeel- Willemen General Contractor
Interbuild
Fußbodenlieferant:
Rudy de Keyser Wood Industrie n.v.
Ausstellungsfläche:± 5 800m2
Fußgängerbereich + Atrium :± 3000 m2
Pavillons:4 x 350 m2
Grundfläche des Museums: 1,500 m2
Sammlungen:460.000 Ausstellungsstücke

arcguide Sonderausgabe 2023
Projekte
arcguide Partner
Architektenprofile
 


Sie möchten auch Ihr Büro präsentieren und Ihre neuesten Projekte vorstellen? Zum Antragsformular »


Sie haben bereits ein Büroprofil auf arcguide.de und möchten Ihre neuesten Projekte vorstellen? Zum Projektformular »

Ausschreibungen
Konradin Architektur
Titelbild db deutsche bauzeitung 5
Ausgabe
5.2024 kaufen
EINZELHEFT
ABO

 


Architektur Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Architektur-Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum arcguide Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des arcguide Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de