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Hollmuthtunnel: Kernstadtumgehung Neckargemünd

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Hollmuthtunnel: Kernstadtumgehung Neckargemünd

An bautechnischen Herausforderungen mangelte es nicht: Die neue Kernstadtumgehung Neckargemünd, der Hollmuth-Tunnel – verläuft knapp unter der Altstadt hindurch, in direkter Nachbarschaft zu einem Eisenbahntunnel – und zum Teil quer durch hoch plastisches Lockergestein.

Die Kernstadtumgehung Neckargemünd ist das umfangreichste Projekt an einer Kreisstraße in der Geschichte des Neckar-Rhein-Kreises. Sie verbindet die Bundesstraße B45 im Westen mit der Kreisstraße K4200 im Osten und umfasst eine 70 Meter lange Brücke über die Elsenz sowie einen 385 Meter langen Tunnel, der unter der Südstadt hindurchführt. Seit Eröffnung im Juli 2011, nimmt diese rund 70 Prozent der 18.000 Autos auf, die täglich durch die Innenstadt Neckargemünds fahren würden.

Bautechnisch betraten die Planer schwieriges Terrain, um genau zu sein, weichen Grund: Denn eine alte Neckarschleife, die noch bis zum Mittelpleistozän existierte, hatte Lockergestein hinterlassen: sandige, tonige Schluffe, die eine weiche bis steife Konsistenz haben, aber durch Wasser auch breiig werden können.

Beim Bau der Brücke über die Elsenz-Auen im Jahr 1999 war daher klar, dass sowohl die Brückenpfeiler als auch die Brückenwiderlager auf insgesamt dreißig bis in den Fels gegründeten Bohrpfählen ruhen werden. Mit drei Fahrspuren führt das Dreifeldbauwerk zukünftig den Verkehr über das Wasser. Auf seinen je 2,25 Meter breiten Brückenkappen sind etwa 1,40 Meter hohe, aus transparentem Plexiglas gefertigte Lärmschutzwände befestigt.

Etwas schwieriger gestaltete sich hingegen der Tunnelbau durch den weichen Boden. Zwar konnte die eine Hälfte des Tunnels in offener Bauweise realisiert werden. Sie lag jedoch in unmittelbarer Nähe des mehr als 125 Jahre alten Eisenbahntunnels der Eisenbahnstrecke Heidelberg-Neckarelz und nähert sich diesem bis auf etwa sechs Meter. Hier mussten zur Baugrubensicherung die Gründungspfähle der Bahnbauten mit herangezogen werden. Zusätzlich wirkten bis zu 35 Meter lange Verpressanker, die bis in den anstehenden Fels reichten, dem Erddruck entgegen, der auf den Wänden der Baugrube lastete. Der rund 200 Meter lange Tunnelabschnitt konnte dann in einer bis zu 20 Meter tiefen Baugrube mit Verbauwänden aus Bohrpfahlwänden, welche mit bewehrtem Spritzbeton ausgefacht waren, hergestellt werden.

Weitaus komplizierter war der der Tunnelabschnitt in bergmännischer Bauweise. Rund zwei Drittel verlaufen in hartem Buntsandstein, in dem der Bau mittels Sprengvortrieb zügig voranging: Das Gewölbe wurde mit Spritzbeton abgesichert und der Tunnel daraufhin mit bewehrtem Beton ausgekleidet. Das letzte Drittel jedoch, der Übergang zum in offener Bauweise erstellten Tunnelabschnitt, erwies sich als besonders schwierig. Denn hier herrschte der weiche Schluff vor und gleichzeitig wurden Bereiche der Altstadt mit einer Überdeckung von weniger als zwanzig Metern unterfahren. Es drohten Setzungen und Schäden an den Häusern.

Um dem Tunnel ein festes Auflager zu geben, entschieden sich die Projektleiter, zunächst links und rechts, leicht außerhalb des künftigen Tunnelquerschnitts, Rohrvortriebe aufzufahren. Diese Rohrvortriebe wurden wiederum mit Hilfe von Mikropfählen in den etwa zwei bis drei Meter unter dem Tunnelgrund liegenden Fels gegründet. Anschließend wurden die Rohrvortriebe durchgehend bewehrt und ausbetoniert. Auf diese Weise entstanden zwei Auflagerbalken, auf denen der Tunnel nun ruht. Über diesen Auflagerbalken wurden doppellagige Schirme aus etwa 15 Meter langen, sich überschneidenden Düsenstrahlsäulen hergestellt, die den Tunnel nun überspannen und absichern.

Nach diesen Maßnahmen ging es an den eigentlichen Bau des Tunnelabschnitts – jedoch konnte man sich nur zentimeterweise vorwärtsarbeiten. Denn den unvermeidlichen Setzungen an der Oberfläche musste so schnell und genau wie möglich entgegengewirkt werden. Dazu wurden unter den betroffenen Häusern zwei Fächer aus nahezu horizontal verlaufenden Injektionsrohren angelegt. In den Häusern selbst wurden Schlauchwaagen platziert, die Setzungen auf den Mikrometer genau anzeigten. Die Schlauchwaagen wurden kontinuierlich auf eventuelle Setzungen überprüft, um ihnen gegebenenfalls mit Hilfe der Injektionsrohre entgegenzuwirken: Ein Zementgemisch wurde dann punktgenau an der betreffenden Stelle in den Boden gepresst, bis die Setzung wieder ausgeglichen war. Über 350 Tonnen Zement haben dafür gesorgt, dass in allen betroffenen Häusern weder Risse aufgetreten sind noch Türen oder Fenster nicht mehr richtig schließen.

War der ausgesprengte Bereich mit Spritzbeton gesichert, konnten die Schalungsarbeiten beginnen. Für die Betontechniker waren die warmen Sommermonate jedoch eine heiße Herausforderung. Denn für die bis zu einem Meter dicken Tunnelwände darf der frische Beton laut technischen Vorschriften nicht wärmer als 25 Grad Celsius sein. Sonst besteht die Gefahr, dass sich Risse bilden. Im Heidelberger Beton-Werk Neckarsteinach entwickelten Betontechniker zusammen mit der Firma Linde daher eine spezielle Kühlanlage, um Kies und Wasser runterzukühlen, damit der Beton auch nach den 15 bis 20 Minuten Fahrzeit im Fahrmischer mit dem in der „2TV-Ing Teil 5 Tunnelbau, geschlossene Bauweise“ angegebenen Temperaturbereich auf der Baustelle ankam. Im Zwei- bis Dreischichtbetrieb konnte er dann zügig eingebaut werden.

Inzwischen ist der zweispurige Tunnel fertig gestellt und entlastet zusammen mit der Elsenz-Brücke nun den Verkehr von Neckargemünd. Nach 13 Jahren Bauzeit ein Gewinn an Lebensqualität für die Bewohner der Stadt.

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