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7. Architektenforum am 2. Dezember 2009 im Porsche-Museum in Stuttgart

Brillux..mehr als Farbe
7. Architektenforum am 2. Dezember 2009 im Porsche-Museum in Stuttgart

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Auf dem 7. von Brillux initiierten Architektenforum, das am 2. Dezember 2009 in Stuttgart stattfand, stellten sie das Projekt Porsche-Museum von der Ideenfindung bis zur Umsetzung vor und beantworteten in der anschließenden Diskussionsrunde die Fragen der Forumsteil-nehmer.

In einem waren sich Architekt Roman Delugan, Tragwerksplaner Dipl.-Ing. Thomas Wickbold und Museumsgestalter Prof. HG Merz einig: Ein Projekt wie das Porsche-Museum lässt sich nicht allein, sondern nur in Zusammenarbeit meistern. Auf dem 7. von Brillux initiierten Architektenforum, das am 2. Dezember 2009 in Stuttgart stattfand, stellten sie das Projekt Porsche-Museum von der Ideenfindung bis zur Umsetzung vor und beantworteten in der anschließenden Diskussionsrunde die Fragen der Forumsteil-nehmer.

Wie sieht ein Museum aus, in dem das gesamte historische und zeitgenössische Wissen um die Marke Porsche gebündelt werden soll? Und wie gelingt es, mit einem solchen Museum einerseits die Authentizität der Produkte und das Leistungsspektrum widerzuspiegeln und zugleich einen Ort sinnlichen Erlebens zu schaffen? Diesen Fragen ging das 7. Architektenforum mit dem Titel „Architektur, Tragwerk und Innenraum im Porsche-Museum“ nach. Mit Roman Delugan, Delugan Meissl Associated Architects, Wien, Dipl.-Ing. Thomas Wickbold, Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI GmbH, Stuttgart und Prof. HG Merz, HG Merz Architekten Museumsgestalter, Berlin, Stuttgart waren drei Referenten eingeladen worden, die sich auf unterschiedlichen Ebenen mit dem Entwurf des Porsche-Museums auseinandergesetzt hatten. Roman Delugan entwarf die Architektur, Dipl.-Ing. Thomas Wickbold die Tragwerksplanung und Prof. HG Merz die Museums¬gestaltung. Eindrucksvoll gaben sie mit ihren Vorträgen nähere Einblicke in ihre Arbeit und standen in der anschließenden gemeinsamen Diskussionsrunde mit den Gästen für einen informativen wie anregenden Gedankenaustausch zur Verfügung. Burkhard Fröhlich, Chefredakteur der DBZ Deutsche BauZeitschrift gab dem Architektenforum mit seiner sympathischen wie informativen Moderation den passenden Rahmen.

Architektur im Porsche-Museum
Das Porsche-Museum besteht aus zwei Gebäudeteilen, dem „Basement“ mit Empfangshalle, Foyer und Werkstatt sowie dem als „Flieger“ bezeichneten eigentlichen Museumsbaukörper. Der Flieger ist ein dynamisch geformter, monolithischer Körper, getragen von nur drei Betonkernen, wodurch er über dem Boden zu schweben scheint. Von der ersten, die Einstiegsöffnung umfließenden Ebene gelangt man in einer 550 Meter langen Spirale in dem Einraumkonstrukt kontinuierlich in die Höhe. Auf rund 5.600 Quadratmetern Ausstellungsfläche werden 80 Fahrzeuge sowie rund 200 sorgfältig arrangierte Klein¬exponate aus der Unternehmensgeschichte präsentiert.

Wie kam es zur Idee für das Porsche-Museum?
Der Arbeitstitel, den Delugan Meissl kreierten, lautete „der Porsche Kosmos“. Und so kam Roman Delugan die Idee: „Heben wir doch die Geschichte Porsches hoch wie eine Schale, wie ein Pokal, wie ein Kosmos, zu dem wir hinaufschauen.“ So entstand die erste Entwurfsskizze. Bei der näheren Ausgestaltung spielte das Thema der Geschwindigkeit bzw. des Stillstandes eine zentrale Rolle – ein Thema, das allgemein in der Architektur von Delugan Meissl wichtig ist. Geschwindigkeit und Stillstand übertragen auf Architektur beschreiben Dynamik und das statische Erscheinungsbild. Diesen Zusammenhang veranschaulichte Roman Delugan so: „Es kommt alles von uns selbst als Mensch. Wenn wir in unserem Büro von Architektur sprechen, geht es nicht um das parametrische Entwerfen, um das bionische Entwerfen oder das diagrammatische Entwerfen, sondern vielmehr um das physiologische Entwerfen. Und physiologisches Entwerfen bedeutet nichts anderes, als dass wir uns wieder viel mehr auf den Menschen konzentrieren, auf den Menschen, der sich im Raum bewegt bzw. der durch die Architektur zu Bewegung veranlasst wird.“
Ein weiterer Aspekt war für Roman Delugan sehr wichtig: Architektur ist seiner Meinung nach erst dann gut, wenn sie es schafft, die bestehenden Qualitäten des Ortes zu erhöhen. Einem Objekt, das nur dasteht, kann das nicht gelingen. Das Porsche-Museum arbeitet insofern mit seiner Umgebung, als es durch die verspiegelte Unterseite des Museumsbaukörpers das Geschehen am Porsche Platz einfängt, spiegelt und somit die Qualität des Ortes erhöht.

Leicht, clever, schnell, stark und konsequent – all das sind Attribute, die man mit einem Porsche verbindet. Die von den Wiener Architekten Delugan Meissl Associated Architects entworfene dynamische Architektur wird der Philosophie des Unternehmens Porsche sehr gerecht. So wie Porsche automobile Ingenieurskunst gerne auf die Spitze treibt, taten es die Architekten von Delugan Meissl mit der Architektur. „Für mich ist Porsche viel dynamischer als Mercedes. Porsche ist ganz was anderes. Ich finde das Mercedes Benz Museum absolut gelungen. Aber wir waren mit HG Merz einer Meinung, dass es im Porsche-Museum kein Springen mit Materialität oder Farben geben darf, sondern wir eine neutrale Umgebung brauchen. Deshalb fiel die Entscheidung für Weiß. Zugleich war Weiß für Porsche die wichtigste Farbe. Denn die ersten Autos waren weiß. Zudem kommen die Autos vor Weiß am besten zur Geltung“, erläuterte Roman Delugan die Entscheidung zur Farbgebung des Innenraums.

Tragwerksplanung für das Porsche-Museum
„Bei einem solchen Projekt können Sie so viel Erfahrung haben, wie Sie wollen. Wer behauptet, hier ein ‚FF’ in der Hosentasche, hier die Lösung zu haben, der ist vollkommen unrealistisch“, mit diesen Worten begann Dipl.-Ing. Thomas Wickbold, Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI GmbH, Stuttgart, seinen Vortrag.
Während die Aufgabe von Delugan Meissl darin bestand, die Porsche Vision von Geschwindigkeit, von Tempo in Architektur zu transformieren und in ein Bauwerk umzusetzen, war es die Aufgabe der Tragwerksplaner, diese Vision in Zusammenarbeit baubar zu machen, standsicher. Der Gesamtbaukörper ist mit drei Kernen gekoppelt. Was auf den ersten Blick vielleicht wie fünf Kerne aussieht, sind nur drei Kerne. Und diese sich spreizenden Auflagerarme der Kerne haben die Tragwerksplaner, wie Thomas Wickbold einräumt, „doch vor gewisse Herausforderungen gestellt“. „Im Grunde handelt es sich bei diesem Museumsbaukörper um ein Gebäude mit 170 x 60 Meter, bis zu 14 Meter hoch, dreigeschossig, das eben auf drei Punkten steht. Unsere zentrale Fragestellung lautete: Wie kann man das Objekt mit einer Fläche eines Fußballfelds auf diese drei Punkte stellen?“
Um die Gesetze der Schwerkraft wiederherzustellen, mussten 6.000 Tonnen Stahl auf diese drei Stützen gehoben und die an den Eckpunkten der Kerne auftretenden Momente gebändigt werden. Das Basement wurde als Stahlbeton¬kon¬struktion angelegt. Drei verbindende Stützen mit Versorgungs- und Erschließungsfunktion heben das mächtige Stahlrahmentragwerk des Fliegers mit großen Spannweiten und ebensolchen Auskragungen in die Höhe. Dessen Tragwerk wird aus einer räumlichen Stahlkonstruktion mit den Stahlbetonverbunddecken gebildet. Die Lasten, die sich aus dem Flieger auf die einzelnen Kerne ergeben, betragen 105, 104 und 46 Meganewton und wurden von Thomas Wickbold als „von erheblicher Natur“ charakterisiert. „Damit bewegten sich Vertikallasten wie Horizontallasten in einer Größenordnung, dass ich froh war, dass wir in unserem Büro relativ viel Erfahrung mit Brückenbau haben.“ Eine knifflige Aufgabe stellte auch die Gründung dar. Denn der Baugrund direkt unter der Bodenplatte, ein mürber Keuper, „taugt für die Last nicht übermäßig viel“. Tragfähiger Untergrund befindet sich mit dem Borringer Horizont erst in 25 Meter Tiefe. Die zweite Herausforderung bei der Gründung waren die auf der Bodenplatte sehr unterschiedlich auftretenden Lasten. Aufgabe der Tragwerksplaner war es, sicherzustellen, dass sich im Rahmen der Planung und Inbetriebnahme eine gleichmäßige Setzung des gesamten Baukörpers ergibt. Die einzige Möglichkeit, um dieses Ziel zu erreichen, war die kombinierte Pfahl-Platten-Gründung, bei der die Lasten anteilig über die Bodenplatte und 115 Bohrpfähle in den Baugrund abgetragen wurden, die Thomas Wickbold in seinem Vortag näher erläuterte. Um den Forumsteilnehmern einen Eindruck von den enormen Dimensionen dieses Projektes zu verschaffen, präsentierte er auch „sein Prunkstück“, wie er eines der zahlreichen Betoneinbauteile bezeichnete. Während Tragwerksplaner normalerweise mit Einbauten zu tun haben, die sich in der Region von 15 kg bewegen, selten mal 150 kg, bringt das als Prunkstück bezeichnete, aus 24 cm Blech bestehende Einbauteil imposante 160 Tonnen auf die Waage.

Museumsgestaltung im Porsche-Museum
Verantwortlich für das inhaltliche Konzept des Porsche-Museums war das Büro Prof. HG Merz. Bereits im Vorfeld des Wettbewerbs schrieb man dort das Drehbuch, konzipierte und gestaltete die Dauerausstellung mitsamt Medienkonzeption und visueller Kommunikation. „Wir sind zwar ein Architekturbüro“, begrüßte HG Merz die Forumsteilnehmer, „beschäftigen uns aber weniger mit Neubauten als vielmehr mit Dingen, die wir präsentieren, die wir sortieren müssen oder über die wir eine Geschichte erzählen. Museen befriedigen, wie Nietzsche immer gesagt hat Altgier und Neugier. Man hätte gerne das Vergangene – so wie die Besucher gerne einen dieser Porsche hier besitzen würden. Und zum anderen ist da natürlich Neugier auf Neues und darauf, wie man das macht. Das Porsche-Museum ist ein Raum der Zeitvermischung, und das macht das Museum sehr spannend.“
Den Architekturentwurf von Delugan Meissl empfindet HG Merz als „erfreulicherweise sehr spektakuläre Hülle für Fahrzeuge, die natürlich auch spektakulär sind“. Anders als bei Mercedes gibt es bei Porsche, so das Ergebnis seiner Analyse der rund 80 Exponate im Vorfeld seiner Arbeit, keine rein musealen Fahrzeuge. Vielmehr sind alle Fahrzeuge fahrbereit. So entstand der Wunsch eines nicht statischen, eines rollenden Museums, in dem alle Fahrzeuge jederzeit herausgenommen werden können.

Wie und nach welchen Kriterien wurde die Porsche Sammlung sortiert? Hier spielen drei Aspekte eine Rolle. Der erste Aspekt ist die Produktgeschichte, die sich vor allem auf die Straßenfahrzeuge bezieht. Der zweite Aspekt sind Themeninseln, in denen insbesondere die Rennen aufgegriffen werden. Getragen werden diese beiden Aspekte von einem dritten Aspekt, der Idee. Diese Idee umfasst zentrale Charakteristika von Porsche wie das Leichte, das Schnelle, das Starke sowie die „Uridee Porsche“. Diese drei Dinge, die Produktgeschichte, die Themen und die Idee ergeben einen Dreiklang. „Wir wollten ein Museum haben, wo sich einer dieser Dreiklänge an den anderen knüpft wie eine Perlenkette, also ein Continuum“, erläuterte HG Merz, „Das Porsche Museum ist daher eher ein Schau-Depot als ein Museum in dem besondere Schätze gezeigt werden.“ Die Spirale und die ansteigenden Rampen geben dem Museum eine Führung. Dennoch kann der Besucher aber auch ganz anders gehen. „Das ist das Schöne, man kann einfach durch das Haus zappen, je nach dem, was einen anzieht.“ Eine interessante Frage war für HG Merz auch, wie Entwicklung, Forschung, Design und Produktion thematisiert werden können. Er erinnerte sich an Damien Hirst und seine zerschnittenen Haie und griff diese für ein Porsche Exponat auf. Diese Idee gefiel dem Bauherrn, und so „haben wir uns den Luxus gegönnt und Porsche zersägt“. Das Ergebnis sind drei einzigartige Exponate, an denen man erkennt, wie vielschichtig ein Auto ist.

Auch wenn die äußere Form im Nachhinein das Wichtigere ist, erfüllt sie im Inneren keine sich selbst darstellende Funktion, sondern nimmt sich vielmehr zurück und unterstützt auf subtile Weise das Ausstellungskonzept. Ein zentrales Gestaltungselement dabei ist die zurückhaltende Farbigkeit: Die gezielte Inszenierung der Farbe Weiß setzt Dynamik und Designanspruch im Inneren konsequent fort. Ganz in Weiß gehalten, lässt die Ausstellung die Sportwagen für sich selbst sprechen. Die schlichte Farbatmosphäre ist beeindruckend, verleiht Ruhe und dennoch Energie.

In der anschließenden Podiumsdiskussion machten die Referenten deutlich, wie wichtig bei einem derart komplexen Bauprojekt die Zusammenarbeit ist. Ohne die aktuell verfügbare CAD-Technik wäre ein Projekt in einer so kurzen Zeit noch vor einigen Jahren kaum möglich gewesen. Zum Abschluss des 7. Architektenforums erwartete die Teilnehmer dann noch eine spannende Führung durch das Porsche-Museum.

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