Zurzeit werden in vielen Städten Übergangsmaßnahmen getroffen, um die Flächenaufteilung des Straßenraums – gemäß den durch die Corona Pandemie beschleunigten gesellschaftlichen Tendenzen – neu zu gewichten. So wurden auch in der Berliner Friedrichstraße mit Bodengraphiken und Pflanzkübeln die Bestandsfläche temporär neu aufgeteilt: weniger oder gar keine Fläche für fahrende und parkende Autos, mehr Fläche für Fußgänger, Radfahrer und Roller.
Mit diesen experimentellen Übergangsszenarien werden Erfahrungen gesammelt, wie in Zukunft sinnvoll mit diesem zur Disposition stehenden städtischen Raum umgegangen werden kann.
Die nächste Stufe ist, diese wertvolle Fläche nicht nur kosmetisch, sondern auch nachhaltig baulich den neuen Gegebenheiten anzupassen: Bürgersteige und Straßen im herkömmlichen Sinne wird es in vielen Bereichen nicht mehr geben. Es besteht die Chance einer völligen Neugestaltung der Flächen zwischen den Gebäuden, welche das zukünftige Stadtbild grundlegend verändern wird. In einer Designstudie versuchen die Architekten von 3deluxe, diese neuen Möglichkeiten am Beispiel der Friedrichstraße darzustellen.
Die Zukunft des Straßenraums am Beispiel der Friedrichstraße
Die Linearität des klassischen Straßenraums kann entfallen, sie wird ersetzt durch organische, urbane Landschaften, die der modernen Mobilität und dem Fußgänger neue, ineinander verwobene Räume bietet.
Es gibt dynamische Fortbewegungszonen, die der sanften Mobilität zugeordnet sind: Biker, Scooter, Skater, Inliner, Walker, Runner und E-Shuttles für den Transport von Personen und Waren. Dazwischen integrieren sich Zonen und Inseln mit unterschiedlichen Angeboten für die fußläufigen Stadtbewohner: kommunikative Sitzzonen, Workout- & Entspannungs-Flächen, Spielplätze, Wasserspiele, Urban Gardening, Grünzonen, Pop-up Bühnen für kulturelle Veranstaltungen, Biergärten, Cafés, Aufladestationen für E-Mobilität, etc.
In diesen Zonen gilt ein rücksichtsvolles Miteinander und eine Höchstgeschwindigkeit von 15 km/h. Schnelle Expressrouten für Biker und Autos gibt es auf weniger fußgängerintensiven Straßen.
3deluxe´ Erfahrungen in Litauen
Das von 3deluxe konzipierte Platzprojekt V-Plaza in Litauen zeigt Ansätze, wie so etwas aussehen kann. Die Fertigstellung und Eröffnung des Platzes fielen inmitten der Corona Pandemie im Frühsommer 2020. Die offene Platzgestaltung mit ineinander verwobenen Zonen zum Entspannen, Kommunizieren und Spielen und Bereichen für mobile Fortbewegungsmittel wie Fahrräder, Skooter, Skates und Skateboards wurden von der Bevölkerung extrem gut angenommen – der Platz entwickelte sich den ganzen Sommer zum lebendigen, öffentlichen Wohnzimmer der Stadt.
Für die Architekten von 3deluxe ein gelungenes Projekt, um die Zukunft des Stadtraumes ohne Autos zu erforschen – großzügige, einladende und attraktive Flächen für die immer größer werdende Gruppe der Nutzer umweltfreundlicher Individualmobilität im harmonischen Zusammenspiel mit Fußgängern, Spaziergängern und Freizeitsuchenden.
Die Zukunft gehört den smarten & menschenfreundlichen Städten
In der Diskussion um die autoreduzierte Stadt geht es nicht um das Ausspielen eines Verkehrsmittels gegen das andere – Radfahrer gegen Autos oder Fußgänger gegen Radfahrer. Es geht vielmehr um die Erkenntnis, dass sich die Angebote und die Gewohnheiten verändern und die Stadtplanung darauf nun reagieren muss und schlaue Konzepte anbieten sollte. Die Faszination urbaner Zentren liegt in der Lebendigkeit und der Dynamik. Veränderung ist das Lebenselixier moderner Städte. Die beginnende Transformation von der autodominierten Stadt zum vielschichtigen und smarten Mobilitätskosmos wird eine der spannendsten Aufgaben der nächsten Jahrzehnte werden.