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Das neue Schulzentrum in Gloggnitz | Dietmar Feichtinger Architectes

Erziehung/Bildung | Gloggnitz (A) | Dietmar Feichtinger Architectes
Das neue Schulzentrum in Gloggnitz

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Gloggnitz ist eine Gemeinde mit 6000 Einwohnern. 80 km südwestlich von Wien, liegt sie am Fuße der Rax in den österreichischen Voralpen. Gloggnitz ist ein Industriestandort und regionales Zentrum, das wie alle ländlichen Gemeinden mit einem sterbenden Ortskern zu kämpfen hat. Aus diesem Grund entschied sich die Kleinstadt, ihre 3 bisher separaten Schulen (Volkschule, Neue Mittelschule, Sonderpädagogisches Zentrum) in der Schulgasse in einem attraktiven, gemeinsamen Neubau zu bündeln und so den Standort zu stärken. Zwei Bestandsgebäude wurden abgerissen, um dem Neubau die größtmögliche Präsenz im Ortszentrum zu ermöglichen. Diese Entscheidung ist ein klares Bekenntnis der Gemeinde zu Bildung und Jugend, die Gloggnitz künftig auch für junge Familien attraktiver macht.

2015 schrieb die Gemeinde einen Wettbewerb für ein zeitgenössisches, zukunftsfähiges Schulzentrum aus, dessen pädagogisches Leitmotiv das Miteinander, der Austausch zwischen Schülern, Lehrern und Eltern sowie die gegenseitige Unterstützung und Hilfestellung sind.

Das Schulzentrum bietet Spezialunterrichtseinheiten: eine Musikschule, eine mit Werkbänken eingerichtete Lehrwerkstatt, eine gut ausgestattete Lehrküche, Informatik-, Physikräume und mehr. Gleichzeitig öffnet sich die Schule zur Stadt, indem sie Sportvereine aufnimmt, die Erwachsenenbildung miteinbezieht und außerschulische Veranstaltungen ermöglicht.

Der Sockel des Schulzentrums symbolisiert Offenheit. Er ist zur Gänze verglast und dadurch zwischen innen und außen durchlässig. Der Eingang liegt zentrumsnah im Nordwesten an einem großen öffentlichen Vorplatz. Das auskragende erste Obergeschoss bildet ein weites Vordach aus, das dem Eingangsbereich eine witterungsgeschützte Vorzone schafft und einen förmlich nach innen zieht. Er bildet den Übergang vom öffentlichen Außenbereich zum Innenraum der Schule.

Sobald man das Foyer betritt, nimmt man das tragende Element dieses komplexen Entwurfs wahr: Drei Sportbereiche bilden als großzügiges 7,88 Meter hohes, einsehbares Volumen die räumliche und ideelle Mitte des quadratischen Grundrisses. Oberlichtkuppeln erhellen diesen offenen, zentralen, von einem filigranen, optimierten, dreidimensionalen Stahlfachwerk stützenfrei 30 Meter weit überspannten Bereich mit natürlichem Licht. Die Architektur dieses Volumens setzt das ambitionierte, pädagogische Programm der neuen offenen und integrativen Schule dreidimensional um. Der Schwerpunkt der neuen Mittelschule liegt auf Sport, generell ist Bewegung für alle Kinder wichtig. Sie fördert Konzentration, Koordination und Lernvermögen auf ganzheitliche Weise. Die den unterschiedlichen Aktivitäten angepassten Räume – die allgemeine Turnhalle, der Gymnastiksaal, die Kletterwand – durchziehen vom Untergeschoss bis zur Dachterrasse im ersten Stock alle Ebenen. Ihr Luftraum bildet das lichte Zentrum des Foyers: Gläserne Brüstungen und feine, gespannte Seilnetze als Absturzsicherungen und Ballwurfnetz erzeugen einen visuell durchgängigen, offenen Raum. An zwei Seiten werden die Sportbereiche von Sitztribünen hinter gläsernen Brüstungen gefasst. Sie machen Turnhalle, Gymnastiksaal und Kletterwand zur Bühne.

Das Schulzentrum ist sehr klar und übersichtlich strukturiert. Das Erdgeschoss ist der öffentliche Bereich: beim Eingang gibt es zwei Garderoben, rund um das lichte Raumvolumen für Sport und Bewegung sind ringförmig alle Sonderklassen und Spezialunterrichtsräume angeordnet. Sie sind für externe Nutzungen vom Foyer oder den Seiteneingängen unkompliziert zugänglich. Die Vertikalerschließung – Treppen und Lift – befinden sich in den Ecken des Gebäudes. Die als Fluchtstiegen ausgebildeten Treppen sind im Normalfall offen. Im Brandfall schließen die Zugangstüren automatisch.

Alle Unterrichtsräume für alle drei Schultypen befinden sich auf einer gemeinsamen Ebene im ersten Stock. Ihr Zentrum bildet die hölzerne Dachterrasse mit den prismenförmigen Oberlichtlaternen auf dem Raumvolumen der Sportbereiche. Sie sorgen für eine differenzierte Gliederung dieses großen, gemeinsamen Freiraums für alle, der auch als „Freiluftklasse“ genutzt werden kann. Rund um diesen offenen Hof ist das Schulzentrum nach dem Clusterprinzip organisiert: öffenbare Klassenräume gruppieren sich um einen sogenannten „Marktplatz“, der in die offene Erschließungszone übergeht. Der Unterricht kann so in einer offenen Raumsituation unter Einbeziehung mehrerer Klassen stattfinden. Alle Flächen werden so zum Schauplatz für gemeinsames, Schultypen übergreifendes Lernen und Zusammenleben.

Die Lehrerbereiche befinden sich im zweiten Obergeschoss, das als schmaler Riegel der Fassade über dem Haupteingang im Nordwesten mehr Höhe und damit Gewicht gibt. Alle Räume für Lehrkörper und Direktion sind an einem transparenten Gang um eine interne Terrasse im Südosten angeordnet.

Der ruhige, zurückhaltende, holzverkleidete Baukörper dieses Schulzentrums, der auf einem transparenten Sockel ruht, bietet ein ungeahntes Ausmaß an räumlicher Vielfalt, Sport- und Fortbildungsmöglichkeiten. Seine Eröffnung war ein Volksfest: die besten Voraussetzungen, um langfristig zu einem kulturellen Zentrum des Ortes werden. Und darüber hinaus.

Die Schule als markantes Element im Stadtgefüge – die Komposition der Gebäudeteile

Ein aufgeständertes Volumen, getragen von einem transparenten Sockel, bildet den Körper des Gebäudes. Hier sind die Allgemeinklassen untergebracht, die sich um einen gemeinsamen Freibereich gruppieren.

Das Volumen ist im Nordosten zweigeschossig. Die Überhöhung im 2. Obergeschoss markiert die zum Vorplatz orientierte Hauptfassade. Hier sind die Lehrerbereiche situiert, die sich nach Süden zu einer großzügigen überdachten Terrasse hin öffnen.

Der Eingangsbereich bildet den Übergang des öffentlichen Außenraums zum Innenraum der Schule. Hier sind an beiden Seiten die Schülergarderoben situiert.

Das Foyer im Nordosten geht in den offenen Zentralraum über. Dieser wird von den Turnsälen gebildet.

Die Sonderklassen und Spezialunterrichtsräume – Musiksaal, Physiksaal, Lehrküche, Lehrwerkstätte, Informatikraum – befinden sich an den drei anliegenden Fassaden im Erdgeschoss.

Die Turnsäle befinden sich im Untergeschoss und bilden zum Erdgeschoss ein offenes Volumen.

Es ist das zentrale Element der architektonischen Umsetzung des ambitionierten pädagogischen Programms der neuen offenen und integrativen Schule. Die Säle bilden ein großzügiges offenes Raumvolumen in der Mitte des quadratischen Grundrisses des Gebäudes. Die den unterschiedlichen Aktivitäten angepassten Räume – der allgemeine Turnsaal, der Gymnastiksaal, die Kletterwand – werden auf der Höhe des 1. Untergeschosses zusammengeschlossen und sind nach oben hin bis unter das Dach der Terrasse des 1. Obergeschosses hin offen. Die Umkleiden sind ringförmig im 1. Untergeschoss um den zentralen Bereich angeordnet. Hier befinden sich auch Neben- und Technikräume.

Das Foyer im Erdgeschoss öffnet sich zu diesem Volumen hin. Es bildet die Fortsetzung des überdachten öffentlichen Vorbereichs der Schule. Absturzsicherung und Ballwurfnetz der Turnsäle bilden raumhoch gespannte Seilnetze. Dadurch bleibt der Raum visuell und zur Durchlüftung offen.

An zwei Seiten begleiten vom Erdgeschoss aus erreichbare Sitztribünen die Säle. Hier bilden an der Unterkante eingespannte Glaspaneele die transparente Absturzsicherung.

Der Bahnhof von Oostende – Eine Station am Meer

Die Sonderunterrichtsräume sind im Erdgeschoss an den übrigen drei Seiten angeordnet und direkt über das Foyer und die Seiteneingänge erreichbar. Diese Situierung ermöglicht eine einfache außerschulische Nutzung.

Die Vertikalerschließung – Treppen und Lift – befindet sich in den Ecken des Gebäudes. Die als Fluchtsiegen ausgebildeten Treppen sind im Normalbetrieb offen. Im Brandfall schließen die Zugangstüren automatisch.

Die Klassenräume sind im 1. Obergeschoss situiert. Sie bilden einen abgeschlossenen Ring um den begehbaren Innenhof. Die einzelnen Klassen sind in Gruppen von drei Einzelklassen – sogenannten Clustern – mit einem gemeinsamen, zum Innenhof hin offenen Bereich hin, zusammengefasst. Die diesem Bereich zugewandten Klassenwände sind als Faltwände ausgebildet und über die gesamte Fläche öffenbar. Der Unterricht kann in einer offenen Raumsituation unter Einbeziehung mehrerer Klassen stattfinden. Der gemeinsame Bereich, der sogenannte Marktplatz, kann für Aktivitäten außerhalb der Klasse, zum gemeinsamen Vorbereiten und Lernen genutzt werden.

Der mit Holz belegte Außenbereich im Zentrum ist durch prismenförmige Volumina gegliedert. Diese schaffen differenzierte Bereiche, sie dienen der natürlichen Belichtung und Belüftung der Turnsäle. Auch sind die Lüftungsflügel der Brandrauchentlüftung in die Prismen integriert. 

Die Lehrerbereiche des Schulzentrums im 2. Obergeschoss sind direkt über die Treppen vom Foyer aus erreichbar.

Die kontrollierte natürliche Lüftung zur optimalen Lufthygiene

Lufthygiene ist ein entscheidender Faktor der Aufenthaltsqualität der Schule. Sie trägt maßgeblich zur Aufnahmefähigkeit und Konzentration der Schüler bei. Gleichzeitig trägt der kontrollierte Luftwechsel wesentlich zur energiesparsamen Nutzung des Gebäudes bei.

Es ist ein Lüftungskonzept unter Berücksichtigung der hervorragenden Lage der Stadtgemeinde Gloggnitz umgesetzt worden. Daher werden die Unterrichtsräume vorwiegend über automatisch geregelte Fensterflügel mit natürlicher Frischluft während des Unterrichtes versorgt. Die Regelung erfolgt über ständig ermittelte CO2-Werte in den Klassenräumen und garantiert dadurch eine effiziente, energetisch sparsame, natürliche Lüftung.

In den Pausen und über Nacht wird eine Stoßlüftung für den schnellen Luftwechsel durchgeführt. Pro Klasse sind drei Lüftungsflügel in der Fassade integriert. Zwei Flügel sind motorisiert und an das automatische System gekoppelt. Der dritte Flügel befindet sich in der Nähe des Lehrertisches. Er kann händisch bedient werden und individuell nach dem subjektiven Bedarf geöffnet oder geschlossen werden.

Die automatischen Flügel werden durch ein Element aus Streckmetall abgeschirmt. Zusätzlich zur automatischen Fensterlüftung ist eine mechanische Lüftung in das Lüftungskonzept integriert, dabei wird die frische Zuluft in den Klassen eingebracht. Die Absaugung erfolgt in den Geräteräumen der Turnsäle. Über schallgedämmte Überströmelemente in den Klassenwänden und den ständig offenen Stiegenhäusern wird der Lüftungsweg sichergestellt. Die Überstromelemente wurden speziell für die Schule konzipiert.

Ein alternatives Heizungssystem mit Holzschnitzel

Die Heizung der Klassen erfolgt über Niedertemperaturradiatoren. Die Radiatoren sind im Bereich des Parapets installiert. Der Parapet ist in Tischhöhe und erlaubt den direkten Blickbezug nach außen. Die Holzlatten an der Fassade bilden im Bereich der Öffnungsflügel den zusätzlichen Absturzschutz.

Der Heizraum ist in unmittelbarer Nähe des Schulzentrums in einem vorgefertigten Heizcontainer untergebracht. Die Energiequelle bilden Holzschnitzel aus örtlicher Produktion und ist somit als klimaneutral anzusehen.

Mit natürlichem Licht durchflutete Räume 

Neben der Lufthygiene ist natürliches Licht ein weiterer Garant für das Wohlbefinden. Der zentrale Luftraum wird über in die Aufbauten der Terrasse integrierte Glaselemente belichtet. Alternierend wird das Licht zenital über die verglaste Deckung der Elemente mit einer Dimension von 4 x 4m und die seitliche Verglasung der kleineren Elemente – 2 x 4m – erreicht.

Die seitliche Verglasung ermöglicht eine Sichtbeziehung zwischen der Terrasse im 1. Obergeschoss und den Turnsälen im 1. UG.

Optimale Raumakustik zum Wohlbefinden der Kinder und Lehrer

Die Absorption der Geräusche im Zentralraum wird über an die Unterdecke montierte Holzwerkstoffplatten erreicht. In den Klassenräumen dienen die Wände der Schallabsorption.

Die linearen Beleuchtungskörper sind von der Decke abgehängt. 

Ein speziell angepasstes Brandschutzsystem für offene ineinanderfließende Bereiche

Das offene Gebäude erfordert ein spezifisches Brandschutzkonzept und insbesondere eine spezielle Lösung für die Entrauchung im Brandfall. Die Zuluft wird über automatische, sich im Brandfall öffnende Türen in der Fassade zugeführt.

Die Abluft erfolgt über die Aufsatzelemente über den Turnsälen. Rauchklappen öffnen sich an den Hochpunkten und ermöglichen eine effiziente Entrauchung.

Die in der alltäglichen Nutzung offenen Stiegenhäuser werden im Brandfall durch automatische Türelemente geschlossen und als abgeschlossene Fluchtstiegenhäuser genutzt.

Eine direkte und ablesbare Materialität

Materialien werden in ihrer rohen Ausformung verwendet. Die tragenden bzw. aussteifenden Betonscheiben sind in Sichtbetonqualität ausgebildet. Holz ist das dominante Material. Die tragenden Brettschichtdecken und die Parkettböden prägen den Raumeindruck. Die Rahmen der Öffnungselemente in der Fassade sind Holz-Alu Profile. Großformatige Schiebetüren öffnen die gemeinschaftlich genutzten Flächen, die Marktplätze, zum Innenhof im 1. Obergeschoss.

Die massiven Teile der Fassade sind mit einer vertikalen Holzlattung versehen. Im Innenhof bildet ein horizontal auskragendes offenes Vordach, das von Holzlatten gebildet wird, den Sonnenschutz. Weiters sind die Glasflächen mit außenliegende Lamellenstoren zur Beschattung und Verdunkelung versehen.   

Das optimierte Tragwerk, angepasst an die räumliche und strukturelle Situation 

Die tragenden Bauteile sind in Beton, Stahl und Holz ausgebildet. Der Einsatz der Materialien ist von der jeweiligen Lage bestimmt. Das Untergeschoss und die aussteifenden Wände der Stiegenhäuser sind in Sichtbeton ausgebildet. Zarte Stahlstützen und Wandscheiben aus massivem Brettschichtholz im Obergeschoss ergänzen das Tragwerk. Die große zentrale Decke der Turnsäle wird von einem in seiner Höhe optimiertem dreidimensionalem Stahlfachwerk überspannt. 

Die Geschossdecken werden von Stahlträgern getragen. Sie sind aus sichtbaren massiven Brettschichtholzelementen.

Die nicht begehbaren, leicht geneigten Dächer des Schulzentrums sind extensiv begrünt.


Standort: Richtergasse 6, 2640 Gloggnitz/Niederösterreich
Bauherr: Gemeinde Gloggitz
Architekt: DFA | Dietmar Feichtinger Architectes
Baustellenleitung: Pilz&Partner ZT GmbH
Tragwerksplanung: Werkraum Wien Ingenieure
Bauphysikplanung: Bauklimatik GmbH
Elektroplanung: Hross & Partner GmbH
Brandschutzplanung: ADSUM Brandschutz- & Sicherheitsconsult GmbH

BGF: 4721 m²
BRI: 47016 m³

Baukosten: 20,5 Mio. Euro

Fertigstellung: 8/2019

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