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Die Aufstockung eines Hauses stellt eine komplexe planerische Aufgabe dar: Das im Jahr 1930 erbaute Rückgebäude der Olgastraße 66, in Stuttgarter Mitte, wies besondere Herausforderungen auf: An zwei Grenzen gebaut, eine kleine Grundstücksfläche mit einem Höhenunterschied von bis zu 7 m in Richtung der Nachbarhöfe, ein polygonaler Grundriss, mehrere Anbauten.
Das leerstehende Haus diente einem Modelleisenbahnbauer als zweigeschossige Werkstatt, Büro und Wohnung. Der Geist des traditionellen Stuttgarter Rückgebäudes sollte erhalten werden, ein Haus zum Arbeiten und zum Wohnen. Es entstanden 4 Wohnungen, ein Büro, und die dazugehörigen Stellplätze. Der Gebäudebestand wurde um vom Baurecht erlaubte zwei Geschosse aufgestockt.
Die Umgebung ist von Hoffassaden der Straßengebäude aus den 50er Jahren geprägt: Die Jakobschule aus der Gründerzeit mit ihrer Kubatur, der Backsteinfassade und der Hof mit altem Baumbestand sticht heraus. Direkter Nachbar ist die Wilde Hilde, die älteste KiTa Stuttgarts. Ziel war es, in diesem Kontext Freiraum zu schaffen und ein kompaktes Gebäude zu realisieren.
Umrahmt von einer heterogenen und bunten baulichen Umgebung sollte OS66.1 als einfarbiger Monolith wirken, welcher in der Formsprache zwischen Dach- und Wandfläche, zwischen Alt und Neu, nicht unterscheidet und als eine Art Fels im Hof der Jakobschule wirkt. Als Farbe wurde RAL 7035 gewählt, neutral, hell, das Licht und die Umgebung reflektierend, das facettenreiche Volumen betonend.
Eine Polyurethanhaut gewährleistet Regenschutz für die entwickelte Geometrie. Die Außenwände aus Holz, Beton und Backstein sind gedämmt und mit einem glatten Putz versehen, angelehnt an die Haptik der Dachhaut.
Verschiedene Parameter formen das Gebäudevolumen: günstiges A/V Verhältnis, der polygonale Grundriss des Bestands im EG, die baurechtlich maximal erlaubte Höhe und die erforderlichen Abstandsflächen.
Überlegungen zur Statik, Logistik, Bauzeit und Nachhaltigkeit führen zur Entscheidung, die Aufstockung in Stahl- und Holzbauweise mit Deckenelementen in fertiger Oberfläche ausführen.
Im Altbau sitzt die Treppe an einer ungünstigen Position. Zusammen mit dem Wunsch nach einem Aufzug Anlass für die Überlegung und ermöglicht vom Baurecht, die vertikale Erschließung nach außen zu stellen. Es resultiert mehr Wohnraum und eine optimierte thermische Hülle. Die Treppe aus Stahl, selbsttragend und aufs Minimum reduziert, ist an den freistehenden Sichtbetonschacht des Aufzuges angehängt.
Erforderliche PKW- und Fahrrad-Stellplätze finden u.a. in einem Parklift Platz, das schafft mehr Freiraum im Innenhof und gibt dem Haus, verziert von einem Amberbaum, die Hauptrolle zurück und führt zu einer geringeren Grundflächenausnutzung im Vergleich zum Bestand.
Außen monolithisch und einfarbig, innen individuell. Jede Einheit ist für die Bedürfnisse der Bewohner gestaltet. Das rote Band, welches die Einheiten verbindet ist, der geschliffene Estrichboden mit buntem Rheinkies, geölt und gewachst. In der Büroeinheit bleiben alte Backsteinwände sichtbar, kontrastieren schön zur lichtgrauen Gestaltung des Hauses. Die Möblierung, mit Einbaumöbeln wird Bestandteil der Architektur.
Energetisch erfüllt das Gebäude den Passivhausstandard.
Bauzeit: 2016-2017