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1,6 l-Haus im Bestand

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1,6 l-Haus im Bestand

Ein Bestandsbau, der energetisch so optimiert ist, dass er komplett autark beheizt werden kann – ohne Öl oder Gas, Holz oder Fernwärme – das war das Ziel des jüngsten Bauvorhabens der Marc Aurelius GmbH & Co. KG in der Münchner Landwehrstraße. Das Ergebnis übertrifft alle Erwartungen: Während die rund 20 Bestandseinheiten bei insgesamt 1.600 m² Wohn- und Gewerbefläche einen jährlichen Energiebedarf von rund 30 l/m² verzeichneten, kommt das zusammen mit Architekt Detlef R. Böwing geplante Ensemble nach dem Umbau und einer Erweiterung um ca. 800 m² Wohnfläche respektive sechs neue Wohnungen mit 1,6 l/m2 und Jahr aus. Gleichzeitig hat sich der CO2-Ausstoß nach ersten Berechnungen um rund 22 t pro Jahr reduziert. Die notwendige Restenergie produziert das Haus selbst.

Möglich gemacht hat diese optimalen Werte ein Mix aus verschiedenen Maßnahmen: Ein hervorragendes Wärmedämmverbundsystem mit 10 bis 12 cm Marmorit-Dämmplatten der Wärmeleitfähigkeitsgruppe 0,32 an der Fassade, ein neues, maximal gedämmtes Dach und Fenster mit hochwertiger Wärmeschutzverglasung und k-Werten von 0,6 bis 1,0 helfen, Energie zu sparen. Kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung reduziert den Energiebedarf, der nötig ist, um die Raumluft zu erwärmen, um ca. 85 Prozent. Der restliche, in der Raumluft noch enthaltene Wärmeinhalt temperiert die Tiefgarage. Die Energiegewinnung übernehmen eine große thermische Solaranlage sowie eine Grundwasserwärmepumpe. Gespeichert wird die gewonnene Energie schließlich in zwei Pufferspeichern sowie rund 450 t Beton – alle neuen statisch oder aus anderen Gründen notwendigen Wände, etwa in der Tiefgarage, wurden aktiviert respektive mit Absorberleitungen durchzogen. Auch Strom gewinnt das Haus selbst: Auf dem Dach ist eine 3,3 kWp Photovoltaikanlage installiert. Die damit gewonnene Energie wird in das Netz eingespeist und entspricht in etwa der benötigten Energie.

Damit die Baukosten trotz energetischer Optimierung nicht den vorgegebenen Kostenrahmen sprengten, mussten die für die Dämmung der Außenwände gewählten Produkte nicht nur hohen energetischen Ansprüchen genügen, sie durften auch nicht zu teuer sein. Entsprechend wählte Michael Wieninger, Geschäftsführer der Marc Aurelius GmbH & Co. KG, als wirtschaftlichste Lösung das Warm-Wand Basis System Styropor EPS mit der Wärmeleitgruppe 032 in Dicken von 80 bis 120 mm. Mineralische Gewebespachtelung bildet die Basis für die Grundierung. Der in einem Teilbereich des Ensembles gewünschte intensiv orange Schlussanstrich mit hochwertiger Silikonharzfarbe verlangte nach einem siloxanverstärktem Strukturputz: Addi S in der Farbe Autol. Unter den später ebenfalls mit Silikonharzfarbe brilliant weiß gestrichenen Flächen kam stattdessen mineralischer Universal-Scheibenputz SP 260 zum Einsatz. Das Ergebnis wirkt nicht nur hell und farbenfroh, sondern auch ausgesprochen freundlich.

Um Risse zwischen dem Bestand und dem Neubau respektive den Nachbargebäuden zu vermeiden, wurden an den Anschlussstellen Dehnfugen eingearbeitet. Der Anschluss zum Nachbargebäude ist zudem wärmebrückenfrei mit Gewebeschlaufen statt mit Aluminium- oder Stahlprofilen gelöst. Der Anschluss zum zurück springenden Sockel wurde mit dem wärmebrückenfreien Sockelelement Quix erstellt. Auf der Straßenseite wählte der Bauherr eine Sockelausführung mit Sockeldämmplatte und Sockel SM als Klebe- und Armiermörtel. Im stark befahrenen Innenhof entschied er sich hingegen für eine Variante, die sich bei mechanischen Beschädigungen schnell und einfach austauschen lässt: eine vorgehängte Fassade aus Holzlatten, hinter denen 100 mm dicke Knauf Insulation Fassaden-Dämmplatten TP 435 B isolieren. „Ist ein Brett zerstört, ersetzen wir es einfach durch ein neues. Damit ist die Isolierung dahinter immer optimal geschützt“, schmunzelt Wieninger.

Dem Dämmmantel an der Fassade entspricht der wärmegedämmte Hut, den der Bauherr auf den vorderen Altbautrakt setzen ließ. Neben einer energetischen Optimierung sorgt diese Lösung auch noch für zusätzlichen Wohnraum. Die dafür gewählte Dachkonstruktion ist klassisch: 10/26 cm bzw. 12/26 cm dicke Leimbinder dienen als Sparren. Die außen mit Weichfaserplatten beplankte Konstruktion ist mit Dachplatten auf Lattung und Konterlattung gedeckt. Zwischen den Sparren dämmt 200 mm Klemmfilz der Wärmeleitfähigkeitsgruppe 035. Luftdichtigkeit garantiert das unterhalb der Sparren montierte Knauf LDS System. Dieses ist mit 15 mm Knauf Feuerschutzplatten auf 30/50 mm Lattung verkleidet. Um den Schallschutz zu optimieren, wurden alle im Dachgeschoss verwandten Trockenbaukonstruktionen von den Massivbauteilen akustisch entkoppelt. Die Wände zwischen den einzelnen Räumen sind zudem mit 20 mm Knauf-Diamantplatten beplankt. Diese Lösung garantiert extrem hochwertige Oberflächen bei hoher Schallschutzqualität.

„Neben dem Wärmeschutz haben wir in diesem Gebäude auch sehr viel Wert auf optimalen Schallschutz gelegt“, betont der Bauherr. Entsprechend bestehen die im Alt- und Neubaubereich integrierten neuen Innenwände aus beidseits beplankten Knauf W 353-Konstruktionen. Die Monteure verbauten durchwegs 20 mm Diamant Platten und erzielten so bei 40 mm Dämmung und 90 mm dicken Wänden rund 5 dB höhere Schalldämmwerte als mit den gängigen Platten üblich. Die so optimierten Wände bilden vielfach auch die Basis für in die Konstruktion integrierte Knauf Krona Kit Schiebetürelemente. Die Wohnungstrennwände entsprechen nochmals höheren Anforderungen. Sie sind als Brandwände mit Stahlblecheinlagen konzipiert und auf beiden Seiten mit je zwei Lagen 15 mm Diamantplatten beplankt. Der auf diese Weise erzielte Schalldämmwert liegt bei 64 dB. Zudem entsprechen die Wände dank der Stahlblecheinlage in punkto Einbruchssicherheit einer WK2 Klassifizierung. Aus akustischen Gründen wurden auch Vorsatzschalen – etwa vor der Lüftungstechnik – mit CD-Profilen und Direkt-Schwingabhängern vom normalen Mauerwerk entkoppelt und zusätzlich mit Diamant Platten bekleidet.

Zusätzlich notwendiger Dreh- und Angelpunkt des Energiekonzepts in der Landwehrstraße 16 ist die Fußbodenheizung, die überall in den Neubauteilen verlegt ist. „Fußbodenheizungen werden mit niedriger Vorlauftemperatur gefahren“, erklärt der Bauherr. „Je mehr wir aber mit niedriger Vorlauftemperatur arbeiten können, desto weniger müssen wir unsere Spitzentemperaturen angreifen. Entsprechend können wir diese dazu nutzen, um Energie aufzubereiten, einzulagern oder aber damit Warmwasser zu produzieren.“ Parallel geht mit den großen Flächen, die eine Fußbodenheizung benötigt, auch sehr viel Masse einher, die wiederum zum Speichern der Energie dient. Wärme lässt sich damit länger vorhalten. Nicht zuletzt lassen sich die mit Fußbodenheizung ausgestatteten Räume mit Hilfe der Grundwasserwärmepumpe im Sommer auch kühlen. „Damit können wir den Räumen in der heißen Jahreszeit Energie entziehen und sie einspeichern, um sie in der kälteren Periode zur Verfügung zu haben“, fährt er fort.

Weil der Neubau teilweise an die Geschosshöhen des Altbaus gebunden ist, durften die Aufbauhöhen des Fußbodens nicht zu hoch werden. Im Regelfall erreichen sie einschließlich Parkettbodenbelag 10 – 11 cm. Als Heizsystem entschied sich der Bauherr daher für ein Angebot von Uponor Klassik 17 in Kombination mit Knauf Fließestrich FE 50 Largo, der Trittschalldämmung Heralan TPE 20-2 und der Wärmedämmung WD Knauftherm 040 DEO dm 100 – eine Variante, die perfekt zu den Anforderungen der Landwehrstraße passt. Damit wird eine Lösung erzielt, die moderne Lebensqualität mit erstklassigen Energiewerten auf ideale Weise kombiniert.

Davon, dass sich die Investition in die energetische Optimierung trotz Mehrkosten binnen Kürze amortisiert hat, ist der Bauherr überzeugt. Er hat errechnet, dass er selbst bei gleich bleibenden Energiepreisen binnen zehn Jahren rund 300.000 Euro an Energiekosten einspart. „Damit hat sich das Projekt spätestens in zehn bis zwölf Jahren amortisiert“, freut er sich. Bei einer linearen Steigerungsrate kann diese Summe problemlos doppelt so hoch werden. Gelohnt hat sich das Vorhaben für ihn schon jetzt: „Ein echt gutes Gefühl. Wir hätten die Wohnungen zum Teil fünffach verkaufen können und auch die Mieter sind zufrieden. Und da die Nebenkosten wesentlich geringer ausfallen, sind sie auch problemlos bereit, eine höhere Grundmiete zu zahlen.“

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