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Kristallfabrik der Zukunft

Büro/Produktion | Wattens (A) | ATP architekten ingenieure
Kristallfabrik der Zukunft

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Am Heimatstandort Wattens eröffnet Swarovski im Herbst 2019 die von ATP geplante Kristallfabrik der Zukunft. Mit ihrer besonderen „Bildschirmfassade“ erhielt das Werk einen industriell-ästhetischen Look am hochfrequentierten Besucherareal.

Die neue Kristallfabrik antwortet durch ihre disziplinierte formale Gestaltung auf die rasanten Entwicklungen und Erfordernisse der Digitalisierung und Industrie 4.0: Großzügige Flächen, ausreichende Höhen und flexible Erweiterungszonen erlauben ein Arbeiten an den modernsten Maschinen und Robotern. Der gesamte Herstellungsprozess wird flexibler und agiler und unter einem Dach gebündelt.

Bereits 2015 entwickelten ATP gemeinsam mit dem Bauherrn ein umfangreiches Raumordnungskonzept für die Erweiterung am Standort Wattens.

Integrale Planung

Auf dieser Basis wurde ATP mit der Integralen Planung der Kristallfabrik beauftragt. Diese Aufgabe umfasste ein mehrgeschossiges Produktions- und Bürogebäude (Geb. DR) mit Anbindung per Brücke an eine bestehende Produktionshalle (Geb. DE) sowie die Erweiterung des Bestands um ein Modul.

Die Planungs- und Bautätigkeiten für die Teilprojekte der Gebäude DR und DE erreichten Ende des Jahres 2018 die Zielgerade. Mit der Fertigstellung der derzeit noch im Bau befindlichen Projekte BA, DS und der großflächigen Fassadensanierung des zugeordneten Bestandsgebäudes CG wird das Raumordnungskonzept bis zum Jahr 2020 abgeschlossen sein.

Lage

Die ca. 22.000 m² große Kristallfabrik liegt verkehrsgünstig direkt an der Autobahnausfahrt der A12 bei Wattens. Auf der „grünen Wiese“ entstand es dort jedoch nicht. Es wurde sensibel in das Firmengelände eingepasst und intelligent in die bestehende Infrastruktur integriert.

Architektur

In ihrem Entwurf erdachten die Architekt_innen und Ingenieur_innen von ATP den modernen Industriebau wie ein städtebauliches Belebungselement. Die entstehenden Vorteile machten sie sich für die Funktionalität zunutze. Die Gebäudeform der Kristallfabrik wird nach Norden hin höher, um dem Raumerfordernis für die Maschinen- und Roboteraufstellungen der Industrie 4.0 mitsamt einer Kranhalle und zusätzlichen Büro- und Lagerflächen gerecht zu werden.

Besonders ausgeklügelt: Die Absenkung des Gebäudes. Um die erforderliche Zweigeschossigkeit zu erreichen und dennoch die Limitierung der Attikahöhe einzuhalten, gräbt sich das Gebäudevolumen in den Boden ein, was einen weiteren Vorteil mit sich bringt: Auch der Ladehof auf der Ostseite des Werkes ist somit abgesenkt und der An-/Ablieferungsbetrieb vom hochfrequentierten Besucherareal aus nicht zu sehen.

Fassade

Gekleidet ist das moderne Industriegebäude in eine großflächige Glasfassade (4.700 m²), die durch den ästhetisch-industriellen Look nicht nur ein ruhiges Bild, sondern gleichzeitig eine angenehme Arbeitsatmosphäre für die Mitarbeiter_innen schafft. Denn die großen Fenster fluten die Produktions- und Büroflächen mit natürlichem Tageslicht und erzeugen sowohl thermischen als auch visuellen Komfort – ein Ambiente, das in gewöhnlichen Fabrikshallen selten zu finden ist.

Die Ost-Fassade der Kristallfabrik wird durch die filigrane Glasfront des „Bildschirms“ dominiert. Dieses überdimensionale Fenster mit einer Fläche von ca. 360 m² nimmt die eindrucksvolle Landschaft des Inntals im wahrsten Sinne des Wortes „in sich auf“ und spiegelt sie wider, ohne das Innenleben dahinter preiszugeben. Wenn man untertags von Osten auf das Gebäude zufährt, spiegelt man sich vor dem Panorama des Inntals im Gebäude. Schlanke Profile und minimierte Sprossenbreiten lassen die einzelnen Glaselemente wie eine zusammenhängende Fläche wirken, die auf ihre Außenwelt reagiert. Nachts erscheint ein anderes Schauspiel im „Bildschirm“: Durch den innenliegenden Blendschutz und die getönten Scheiben beginnt er zu „glimmen“ und schützt damit auch den Spätschichtbetrieb vor Einblicken in die Herstellungsprozesse.

„Mit der markanten bildschirmförmigen Glasfront hat das Industriegebäude ein Fenster, das ein Geheimnis bewahren kann. Es ist uns mit der Fassade gelungen, die ästhetisch hohen Ansprüche des Areals zu erfüllen, ohne Einblick in den allzu sensiblen Prozess im Inneren zu gewähren“, erklärt Paul Ohnmacht, Head of Design in Innsbruck, das gestalterische Konzept des Industriebaus. Dabei wurden sowohl die Glasfront als auch die an der gesamten Fassade wiederkehrenden beweglichen, lichtlenkenden Alu-Großlamellen so ausgeklügelt konzipiert, dass der Verarbeitungsprozess der hochwertigen Swarovski-Kristalle im Inneren des Werks trotz natürlicher Belichtung ein gut behütetes Geheimnis bleibt.

Auch das Beschattungssystem aus vorgesetzten drehbaren und senkrecht montierten Alulamellen erzeugt tages- und witterungsabhängig unterschiedliche Erscheinungsbilder der Fassade.

Tragwerksplanung

Das Dachtragwerk der neuen Kristallfabrik besteht aus Stahlfachwerken, die mit Pfetten und Verbänden aus Stahl kombiniert sind. Die großen Spannweiten von 19,50 m in der Hauptkonstruktion und 20,50 m in der Sekundärkonstruktion rüsten das Gebäude für die räumlich hohen Ansprüche der modernen Maschinen und Roboter. Im Erdgeschoss der gesamten Halle bzw. im 1. und 2. Obergeschoss des Kopfbauwerks halten Fertigteilstützen und Ortbetonwände die filigrane Flachdecke. Die Bodenplatte fungiert als Geschossdecke und spannt als Fachdecke auf den Pfahlgründungen. Mit einer Spannweite von stolzen 19 m beherbergt der Produktionssaal auch eine Kranhalle. Die darin verbaute massive Betondecke wurde durch einen Schwingungsgutachter eigens für die Aufstellung großer Roboter bemessen. Sie sorgt auch dafür, dass die von den Maschinen ausgehenden Vibrationen nicht in die darunterliegende Kristall-Aussuchzone übertragen werden und man störungsfrei arbeiten kann.

Technische Gebäudeausrüstung (TGA)

HKLS

Insgesamt findet man in der 22.000 m² großen Gebäudeeinheit mehr als 29.570 m Rohre – 1.253 davon Grundleitungen.

Das Produktionsgebäude verfügt weiters über einen runden Lüftungskanal mit einer Länge von 2.963 m und einen eckigen Lüftungskanal von 6.270 m. Die Kühlleistung der verbauten Technik liegt bei sage und schreibe 1.689 KW – ähnlich hoch ist mit 1.923 KW auch die Heizleistung. Besonders nachhaltig: Der Wasserbedarf der Kühlanlagen wird über das Grundwasser gestillt – die Abwärme der Lüftungsanlagen wiederum zurück ins System gespeist.

Elektro

Es wurden ca. 200 km Elektrokabel verlegt. Das Besondere daran: Es handelt sich im gesamten Gebäude ausschließlich um Ökostrom, der unter anderem in den Swarovski-eigenen Wasserkraftwerken generiert wird.

Der hohe Lichteintrag durch die Glasfassade verbessert nicht nur die Arbeitsatmosphäre maßgeblich, sondern verhindert zudem einen allzu großen Kunstlichteinsatz. Sollten die Witterungsbedingungen es dennoch erfordern, so sorgen die ca. 1.500 Leuchten und geschätzten 500 Sicherheitslampen für die erforderliche Helligkeit. Die langgezogenen Lichtbänder beleuchten die Halle zusätzlich. Ein weiteres nachhaltiges Detail: Im gesamten Gebäude kamen ausschließlich LED-Leuchtmittel mit Zonensteuerung zum Einsatz.

Nachhaltigkeit

Durch die ökologische Bauweise ergibt sich im Zusammenspiel mit der hochwertigen Fassadengestaltung als Blickfang eine wertvolle Markenstärkung für den Standort Wattens. Denn die Kristallfabrik ist auf die hohen EU-Standards ausgerichtet. Den Prozess zur Erlangung eines LEED-Zertifikats (Herbst 2019) begleitet die ATP-eigene Forschungsgesellschaft für nachhaltiges Bauen, ATP sustain, auf deren Empfehlungen der Bauherr zahlreiche Maßnahmen in die Realisierung hat einfließen lassen. So wurden neben der ökologisch wertvollen Herangehensweise im Bereich der TGA beispielsweise die überschüssigen Aushubmassen für eine öffentliche zugängliche Streuobstwiese mit Obstgarten genutzt. Dank der engen Abstimmung mit einem örtlichen Baubiologen wachsen heute auf der begrünten Außenfläche heimischen Pflanzen. Auch die gesamte Dachfläche ist extensiv begrünt. Regenwasser kann über eigens eingebrachte „Sickerboxen“ lokal unter Terrain versickern.

Integrale Planung mit BIM

„Aus unserer langjährigen Erfahrung mit der BIM-Technologie wussten wir, dass die Erfassung sämtlicher Daten der Bestandsgebäude in einem digitalen Zwilling das Leben aller Projektbeteiligten erleichtern würde“, so Gesamtprojektleiter Peter Jacob über die konsequente Anwendung eines BIM-Modells. Durch die konzentrierte Eingabe aller Planungsparameter im digitalen Gebäudezwilling konnte ATP das BIM-Modell in weiterer Folge bei allen Anschlüssen an die Bestandgebäude für eine übergreifende Planung einsetzen und einen enormen Mehrwert daraus ziehen. Eine gemeinsame Kollissionsprüfung mit dem Bauherrn ermöglichte eine konsequente Abstimmung mit den bauherrenseitigen Maschinenplaner_innen.

Durch die intensive Bauherrenbegleitung und das gemeinsame Arbeiten am virtuellen Gebäudemodell konnten die Architekt_innen und Ingenieur_innen von ATP nicht nur die Planungszeit deutlich transparenter, sondern auch präzisere Vorhersagen für die Bau- und Betriebskosten machen. Die besondere Herausforderung, die aus der geforderten hohen Qualität unter Berücksichtigung des laufenden Betriebs bestand, war nur mit der effizienten Integralen Planung (mit BIM) aus einer Hand durch das eingespielte ATP-Planungsteam ökonomisch zu bewältigen.


PROJEKTDATEN

Bauherr: D. Swarovski KG
Ort: Wattens, Österreich
Baubeginn: 11/2016
Fertigstellung: 11/2018
Bruttogeschossfläche: 22.000 m²
Bruttorauminhalt: 112.000 m³

Integrale Planung:
ATP architekten ingenieure (Innsbruck)
Gesamtprojektleiter: Peter Jacob
Architekt: Arthur Staudacher
Head of Design: Paul Ohnmacht


Zur Themenseite BIM:

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