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Die Goldkammer Frankfurt: Spektakuläre Museumsarchitektur unter Tage

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Spektakuläre Museumsarchitektur unter Tage

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Nach vier Jahren Konzeption, Planung und Realisierung öffnete am 25. Mai 2019 eines der modernsten Museen Europas seine Türen: die Goldkammer Frankfurt. Mitten im eng bebauten Frankfurter Westend war die größte architektonische Herausforderung, die faszinierende Welt des Goldes auf einem extrem begrenzten Raum zu zeigen.

Auf insgesamt nur 480 Quadratmetern schufen die Berliner Ausstellungsgestalter von merz merz mit einer spektakulären Abfolge unterirdischer Stollen und Schatzkammern einen ausdrucksstarken Rahmen für mehr als 500 Goldartefakte aus unterschiedlichsten Epochen der vergangenen 6.000 Jahre. Mit einer unaufdringlichen, aber nachdrücklichen Inszenierung der Exponate aus integrierten Beleuchtungselementen unterstreicht Licht Kunst Licht die Dramaturgie dieses innovativen Ausstellungskonzeptes.

Die Goldkammer Frankfurt stellt architektonisch in vielerlei Hinsicht eine Besonderheit unter den Museumsbauten in Europa dar. Zum einen stand schon vor der Auswahl des Gebäudes fest, welche Exponate darin ausgestellt werden sollten. Zum anderen fiel die Wahl für den Museumsstandort auf eine denkmalgeschützte Stadtvilla im Frankfurter Westend. Aufgrund der strengen Denkmalschutzvorgaben sollten die Ausstellungsräume allesamt unterirdisch entstehen. Diese baulichen Anforderungen verhalfen der Goldkammer schließlich zu ihrem einzigartigen Erscheinungsbild. Für die Exponate entstand so eine raffinierte Abfolge von Stollen und Schatzkammern unter der Erdoberfläche, während sich in den oberirdischen Geschossen des kernsanierten Gebäudes das Foyer mit Ticketverkauf, eine Café-Tagesbar und ein Restaurant befinden.

Warm Welcome über Tage

Das Eingangsfoyer empfängt den Besucher mit einer freundlichen, warmen Lichtatmosphäre, die aus Deckenfeldern und mit eigens für das Museum entworfenen Pendelleuchten erfolgt. Mit ihrer engabstrahlenden Lichtcharakteristik erzeugen sie ein gerichtetes und brillantes Licht, das auf den polierten Oberflächen zu gewünschten Lichtabbildungen und Reflexen führt. Zusätzlich bringen in den Deckenkassetten umlaufende Lichtvouten eine zweite, weiche und homogene Lichtkomponente ein. Die bei den LEDs eingesetzte Lichtfarbe von 3.000 K bringt dabei sowohl die vorherrschenden tiefblauen Wandfarben als auch die Akzente in warmtonigem Messing zur Geltung. Messing als ein dem Gold artverwandtes Edelmetall findet jedoch nicht nur als Oberfläche seine Verwendung, sondern ist in den Pendelleuchten auch als lichttechnisches Bauteil enthalten: Wie einst der Glühstrumpf bei einer alten Gaslaterne sitzt ein zylindrisch geformtes Gewebe aus feinem Messingdraht unterhalb der COB-LED, fungiert als Lichtträger und lässt es für den Betrachter als sanft glimmender Körper wahrnehmbar werden.

Lebendige Reise unter die Erdoberfläche

Die Reise zu den unterirdischen Ausstellungsräumen der Goldkammer beginnt vom Foyer aus mit einer Fahrt in einem medial bespielten Aufzug, bei der das Gefühl entsteht, tief unter die Erdoberfläche zu gelangen. Mittels verlangsamter Fahrtgeschwindigkeit und Animationen wird der Eindruck erweckt, mehrere hundert Meter in die Tiefe, in einen Bergwerksstollen befördert zu werden. Unten angekommen, sticht sofort der Kontrast zur Welt von oben mit den außergewöhnlichen Marmorböden ins Auge – auch Licht und Farben werden in den Kammern nur dezent eingesetzt. Vier Naturmaterialien dominieren den Raum: Stampflehm, Bronze, Marmor und Stein.

Die facettenreiche Welt des Goldes eröffnet sich in vielen kleinen Ausstellungsräumen. Inspiriert von den Ägyptern haben die Planer von merz merz das Erscheinungsbild der Räume den Grabkammern in Pyramiden nachempfunden. Eine raffinierte Lichtführung lässt die Ausstellungsräume in ihrer Fläche großzügiger wirken, als sie tatsächlich sind. Lineare Lichtbänder suggerieren einfallendes Tageslicht, während dezent gesetzte Lichtakzente eine geheimnisvolle und spannungsreiche Atmosphäre erzeugen.

Einstimmung in die unterirdische Welt des Goldes

Der Auftakt der Ausstellung widmet sich der Frage, wie das Gold auf die Erde gelangt ist und wie es aus unterirdischen Vorkommen geschürft, gereinigt und anschließend eingeschmolzen wird. Die dunkel gehaltenen Räume verfügen über Wände aus schroff behauenem Naturstein. Gedämpftes Licht kommt aus explosionsgeschützten Leuchten, die entlang des Stollens auf die Wände aufgesetzt wurden. Die Assoziation mit Grubenlampen wird zusätzlich verstärkt durch lose hängende Kabel, mit denen die Leuchten verbunden zu sein scheinen. An einigen Stellen ergänzen oberhalb des Deckengitterrostes platzierte LED-Leuchten, die an freistrahlende Leuchtstofflampen erinnern, das Grundlicht und verstärken den groben, zweckmäßigen Charakter der Räume. Eine Standvitrine beherbergt 4,6 Milliarden Jahre alte Meteoriten. Ihre flächige, dynamische Beleuchtung unterstützt die raumfüllende 360-Grad-Videoprojektion, die den Meteoriteneinschlag auf der Erde simuliert.

Kühler Tageslichteindruck und warmtonige Ausstellungsbeleuchtung

Der Hauptbereich des Museums widmet sich den Themen Gold als Währung, Frühe Kulturen und Schmuck. Die Räume sind mit Stampflehm verkleidet und stellen durch die sich nach oben verjüngenden Raumgeometrien und die geneigten Lehmputzdecken eine Reminiszenz an die Pyramidenbauwerke der alten Ägypter und Mayas dar. In die Raumgestaltung eingeflossene Deckenversprünge beherbergen im Inneren, gut verborgen lineare Lichtbänder und erwecken den Anschein, als würde aus ihnen kühles Tageslicht hervorquellen. Die Strahler für die Exponate dagegen sind mit Leuchtmitteln mit 2.700 K Farbtemperatur bestückt, um die goldenen Exponate in warmtonigem, intensivem Licht glänzen zu lassen. Deckenbündige Stromschienen nehmen die zumeist in Gruppen angeordneten Strahler zusammen mit einem linearen Downlightmodul für die Wartungsbeleuchtung auf. Die Anordnung der Stromschieneneinheiten nimmt dabei Bezug auf die von allen Seiten zugänglichen Standvitrinen, die in den Räumen symmetrisch angeordnet sind. Ergänzt werden sie durch zahlreiche Wandvitrinen, die jeweils mit einer Batterie sehr kleiner, blendfreier LED-Spots bestückt sind.

Lichtbänder als visuelle Verbindungselemente

Zwei der Highlights der Ausstellung – die einzig erhaltene Goldbüste von Licinius I. und eine kostbare Goldmaske aus Kolumbien – werden in zwei gegenüberliegenden Kammern gezeigt, die durch den Ausstellungsraum „Antike Kulturen“ miteinander verbunden sind. In den rückseitigen Wänden der Kammern befindet sich ein senkrechter, konisch zulaufender Rücksprung, der als Vitrine ausgestaltet ist und jeweils ein Exponat beherbergt. Beidseitig, von außen unsichtbar in den Fugen angebrachte Linearleuchten erzeugen den Eindruck eines glühenden Lichtbandes, das auch den mittleren Raum in Form eines Deckenrücksprungs durchzieht und das Raumensemble visuell verbindet. Das Lichtband sorgt für die Grundhelligkeit und bildet zugleich die Rückwandbeleuchtung der beiden Wandvitrinen. Die direkte Beleuchtung der Exponate erfolgt mit für den Betrachter nicht einsehbaren Strahlern.

Versunkene Schätze im lichtdurchfluteten Meer

Die Goldschätze aus den Meeren werden in einem lichten, in zartem Blau gehaltenen Raum präsentiert. Die Exponate sind in der Raummitte platziert und von deckenhohen Glasscheiben umschlossen. Sie dienen nicht nur als Schutz, sondern auch als multimediale Projektionsflächen und Informationsträger. Über den Exponaten schwebende historische Modellschiffe geben einen Hinweis darauf, dass man sich unter dem Wasser auf dem Meeresgrund befindet. Verstärkt wird dieser Eindruck durch eine raumgreifende Lichtinstallation mit unregelmäßig geformten, sich drehenden Glaskolben. Von kleinen Halogenlampen durchstrahlt, projizieren sie kaustische Lichteffekte an die Raumflächen und bilden so das Brechungsverhalten von Sonnenstrahlen an der Wasseroberfläche nach. Durch die konstante Bewegung der von der Decke herabhängenden, mundgeblasenen Glaskolben und die Überlagerungen der Lichtreflexe ändert der Raum kontinuierlich seine Gestalt. Das Grundlicht aus den deckenbündig integrierten Linearleuchten ist mit mehreren Farbfilterfolien satt Blau eingefärbt und unterstreicht das „Unterwasser-Gefühl“. Die Exponate erstrahlen dabei aber – wie es ihnen gebührt – in einem warmen, nahezu goldenen Licht.

Licht unterstützt digitales Museumskonzept

Begleitet wird die unterirdische Entdeckungsreise durch die Welt des Goldes von zahlreichen animierten Schautafeln und Videos der Medienplaner von Art+Com aus Berlin. Entlang einer im Boden eingelassenen Goldader, die sich durch die gesamte Ausstellung zieht, erfährt der Besucher an verschiedenen digitalen Stationen Wissenswertes über das Edelmetall. Marker im Boden, die über sehr engstrahlende Deckeneinbaurichtstrahler zur Geltung gebracht werden, offenbaren Informationen, wenn diese mit dem Smartphone gescannt werden. Zusätzlich projizieren insgesamt 18 Goboprojektoren Informationstexte zu den jeweiligen Räumen auf die Wände. Die Projektoren sind unsichtbar in der Abhangdecke installiert und bringen die Informationen durch kleine, ovale Öffnungen in der Deckenverkleidung auf die Wände.


Projekt: Goldkammer Frankfurt
Bauherr: Pacelli Immobilien- und Liegenschaftenverwaltung GmbH, München
Nutzer: Goldkammer Frankfurt GmbH
Architekt: AS+P Albert Speer + Partner GmbH, Frankfurt am Main
Ausstellungsgestaltung: merz merz gmbh & co. kg, Berlin

Lichtplanung: Licht Kunst Licht AG, Bonn/Berlin, www.lichtkunstlicht.com
Projektleitung: Konstantin Klaas
Projektteam: Edwin Smida, Nils von Leesen, Andreas Schulz
LichtplanungSammlung Rothschild: Pfarré Lighting Design, München
Mediengestaltung: Art+Com Studios, Berlin
Elektroplanung: Speidel GmbH Niederlassung Frankfurt

Fertigstellung: 2019



Ein weiteres Museum von Licht Kunst Licht:

Erblühendes Licht in bewegten Raumskulpturen

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