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Verleger mit Liebe zum Beton

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Verleger mit Liebe zum Beton

Mit viel Mut und Konsequenz hat der Verlag Edition Panorama seinen neuen Verlagssitz bauen lassen. Entstanden ist ein repräsentatives, ungewöhnlich ansprechendes Büro- und Wohngebäude aus Sichtbeton mitten in der Mannheimer Innenstadt.

In grauer Eleganz schiebt sich das neue Verlagsgebäude der Edition Panorama zwischen die schmalen Häuserfronten der westlichen Unterstadt Mannheims. Es bricht mit dem Stil vieler Häuserfassaden in dem alten Stadtviertel, das 1850 im Zusammenhang mit dem Rheinhafen entstand. Denn bei der Planung des Gebäudes auf dem neu erworbenen Grundstück war dem Verlagsgründer Bernhard Wipfler und seinem Sohn Sebastian schnell klar: Es sollte aus Sichtbeton sein. Als Wunscharchitekt wählten die Verlagsinhaber den Schweizer Professor Beat Consoni aus. Nach verschiedenen Vorschlägen entschieden sich die Wipflers für eine klassische Bebauungsvariante auf dem 15 Meter breiten und 50 Meter tiefen Grundstück: Im vorderen Gebäudeteil zur belebten Straße, sind Verlagsgalerie und -büros sowie weitere Büros zum Vermieten untergebracht. Der Gebäudeteil nach hinten, zur ruhigeren, sonnigen Seite hin, beherbergt eine Gewerbeeinheit im Erdgeschoss und Wohnungen zum Vermieten im Obergeschoss. Ein lichtdurchfluteter Innenhof verbindet die beiden Teile und dient als zentraler Treffpunkt.

Wir haben den Bau vor allem unter gestalterischen Gesichtspunkten geplant – nicht nur unter wirtschaftlichen Aspekten, erklärt Bernhard Wipfler, aber trotzdem muss er sich natürlich tragen. Dies macht sich vor allem in einer großzügigen Raumaufteilung bemerkbar: Die Räume sind auch in den Wohnungen 3 bis 3,30 Meter hoch. Es gibt nur wenige Türen, aber riesige Glasfronten. Der Sichtbeton kann seine Wirkung voll entfalten, denn es gibt keine störenden Leisten, Leitungen oder Heizelemente. In jedem Raum gibt es nur ein Schaltelement, das über BUS alle Funktionen steuert. Alle elektrischen Leitungen und Leuchten liegen im Beton. Geheizt und gekühlt wird über eine Fußbodenheizung. Das Zusammenspiel von Sichtbeton und dem überall verlegten Eichenparkett schafft eine klare, ruhige Atmosphäre. Diese aufrichtige, ehrliche Architektur, die nichts versteckt, passt zu unserem Verlag, erklärt Sebastian Wipfler. Niedrigenergiestandard und die Nutzung von Regenwasser für Toilette und Waschmaschine gehören für ihn selbstverständlich dazu.

Ohne den Willen der Verleger zum Durchhalten, wäre es zu dieser konsequenten Umsetzung des ursprünglichen Entwurfs nicht gekommen. Der Vater, Bernhard Wipfler, gesteht: Mich hat vieles am Anfang erschreckt. Zum Beispiel die frisch aus der Schalung kommenden Betonwände. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie das später aussieht. Schließlich bin ich diesbezüglich Laie. Für eine private Bauherrschaft ist das schon ein ungewöhnliches Projekt.

Auch sein Sohn, Sebastian Wipfler, hatte zu kämpfen. Aber auf andere Art. Denn der häufigste Satz, den er in der Planungs- und Bauphase hörte, war: Das geht nicht. Im Nachhinein weiß er: Es geht dann doch, man muss nur hartnäckig bleiben – auch wenn das viel Nerven und Kraft kostet. So konnten zum Beispiel die 3 und 3,30 Meter hohen Türen am Ende doch gebaut werden, ebenso wie die Schiebetüren aus Glas mit 3,30 Metern Höhe, oder die Screens für die 15 Meter breiten Fensterfronten. Auch die Betonfertigteiltreppe mit 14 Tonnen Gewicht, die nur unten und oben lose aufliegt, ließ sich nach anfänglicher Skepsis realisieren.

Die Umsetzung der sehr hohen Ausführungsqualität war nicht zuletzt durch die Unterstützung der Betotech Eppelheim möglich. Sichtbeton ist nicht gleich Sichtbeton und die Vorstellungen von Bauherren, Bauleiter und Lieferant können stark voneinander abweichen. Daher ist hier gute Teamarbeit gefragt, erklärt Wolfgang Eissner von der Betotech Eppelheim. Um unliebsame Überraschungen zu vermeiden haben wir daher im Kellerbereich Probewände mit unterschiedlichen Schalungsarten und Strukturen erstellt. Anhand derer konnte das Sichtbeton-Team, bestehend aus Bauherren, Bauleiter, Lieferant und Betontechnologe, die Flächen entsprechend der Sichtbetonrichtlinie bewerten. Für Vater und Sohn Wipfler standen die Probleme Wolken- und Lunkerbildungen an erster Stelle. Nach eingehender Diskussion stand der Entschluss aller Beteiligten fest, dass eine begrenzte Unregelmäßigkeit an der Betonsichtfläche für das Erscheinungsbild des Gebäudes eher positiv ist.
Darüber hinaus sollten die Sichtbetonflächen jedoch in ihrer Struktur an die Umgebung angepasst werden und möglichst keine Schmutzfänger sein. Daraus ergaben sich die Anforderungen an den Beton: Keine Wasserabsonderung, homogen und verarbeitungsfreundlich mit geringer Neigung zur Lunkerbildung, einheitliches möglichst helles Betongrau, erklärt Eissner. Als Konsistenz vereinbarten wir die Klasse F4, was sich für die Sichtbetonfläche als sehr positiv herausstellte. Bei den Sichtbetonarbeiten mussten Toleranzen von +/- 2 Zentimetern eingehalten werden. Der Wasserzementwert (W/Z-Wert) sollte 0,53 +/- 0,02 betragen. Für den Betonlieferanten TBG Transportbeton Kurpfalz, einer Beteiligung der Heidelberger Beton GmbH, war dies mit hohem Aufwand verbunden, und er musste die Qualität seiner Lieferanten sicherstellen. Um in den heißen Sommermonaten eine gleichmäßige Qualität bei der Verarbeitung des Betons und eine hellere Farbe des Betons zu erreichen sowie Wolkenbildungen vorzubeugen, wählten die Beteiligten folgende Betonmischung: 60 Prozent CEMII/A-S 42 5 R und 40 Prozent CEM III/A 32,5 N. Und um wirtschaftlich zu arbeiten, stimmte das Sichtbeton-Team die Größe der Fassadenbrüstungen auf den Füllungsgrad des Fahrmischers (maximal acht Kubikmeter) ab – wodurch nicht zuletzt möglichen Entmischungen und Farbunterschieden durch Wolkenbildungen vorgebeugt wurde. Die einzelnen Betonierphasen betreute und begleitete die Betonprüfstelle E+W Betotech, Eppelheim. Das Ergebnis dieser engen Zusammenarbeit von Bauherr, Architekt, Bauleitung, Betonlieferant und Betontechnologe spiegelt sich so in der erreichten Sichtbetonqualität wider.

Qualitätsanspruch, Hartnäckigkeit und Konsequenz der Wipflers zahlten sich am Ende aus. Denn Anfragen nach den Wohnungen kamen bereits während des Baus und ein Großteil ist bereits vermietet – ganz ohne Makler. Den Verlegern war das menschliche Miteinander wichtig. Nicht jeder erhielt eine Wohnung. Wir wollen, dass hier eine kritisch intellektuelle Gemeinschaft entsteht, betonen sie. Der gemeinsam nutzbare Innenhof, hausinternes Carsharing und ein kleines Gästezimmer unterstützen diesen Ansatz. Nicht weniger als ein Zentrum für die kreative Szene soll hier, im Mannheimer Stadtviertel Filsbach entstehen.

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