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Pinta Acoustic GmbH

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Pinta Acoustic GmbH

Paint It Black

Ein Firmensitz als Bekenntnis: zur Unternehmensphilosophie, zu den Produkten und vor allem zu den Mitarbeitern vor Ort. Das Gebäude von pinta acoustic zeigt, wie effektvoll – und wie kostengünstig – sich Corporate-Architecture-Lösungen auch für mittelständische Unternehmen umsetzen lassen.

Willkommen im Gewerbegebiet! Grauer Himmel. Graue Straßenzüge. Grauer Zweckbau. Aufschrift Elektro Import Export. Als Marie Aigner die Ausgangssituation für dieses Projekt zum ersten Mal sah, war ihr wieder einmal klar: Architektur ist wie Tanzen auf einer Briefmarke. Doch genau das reizte die Münchner Architektin mit eigenem Büro (Aigner Architecture): Schönes noch schöner machen kann jeder. Aber aus Gegebenheiten wie dieser etwas zu schaffen, das ist doch die Herausforderung.
pinta acoustic – vormals illbruck acoustic – gehört zu den führenden Herstellern von Produkten für Raumakustik und technischen Schallschutz. Im Rahmen der Umfirmierung suchte das Unternehmen auch einen neuen Unternehmenssitz. Fündig wurde man in der Gemeinde Maisach, etwa 25 km westlich von München. Das Unternehmen entschied sich allerdings, das ausgewählte Objekt nicht zu kaufen, sondern zu mieten. Für die Umbaupläne bedeutete das: Entkernung? Kein Problem. Die Fassade jedoch durfte nicht substantiell verändert werden.

Radikale Entscheidung
Was also tun? Aigner setzte auf eine ebenso minimalistische wie radikale Lösung: Wir übermalten das Gebäude einfach – und zwar schwarz. Das Resultat: Aus einem 0815-Gewerbebau wurde ein futuristisch anmutendes Ensemble ineinander verschränkter, mattschwarzer Kuben. Die intensive Wucht dieses Erscheinungsbildes wird dabei sanft abgefedert durch eine Bepflanzung aus feingliedrigen Bambusstauden.
Weitere Kontrastpunkte im Außenbereich: zwei Wasserbecken im Hof und ein hauchdünner Wasserschleier vor einer Rampe, die zum Personaleingang führt (beides in Planung). Dabei handelt es sich jedoch keineswegs um rein stilistische Elemente: Erschließung, Raumanordnungen, Farbgebung und Möblierung des gesamten Gebäudes sind konsequent nach Feng Shui ausgerichtet.
Auch die Entscheidung für die Farbe Schwarz kam nicht von ungefähr. Schwarz und silber sind die Markenfarben des damals noch unter illbruck acoustic firmierenden Auftraggebers. Der Name Illbruck könnte übrigens auch denjenigen geläufig sein, die nicht so viel mit Raumakustik zu tun haben: Firmenchef Michael Illbruck wurde branchenübergreifend bekannt, als er 2002 mit seiner Yacht illbruck bei der härtesten Around-the-world-Regatta überhaupt, dem Volvo Ocean Race, gewann.

Segeln als Prinzip
Konsequent überträgt Illbruck seit Jahren die Werte des Segelsports auf die Markenidentität und die Philosophie seines Unternehmens. Desire to win lautet sein Credo. Das entscheidende Prinzip dabei: Teamwork. Ob auf der Segelyacht oder im Unternehmen, so Illbruck, nur wenn die besten Leute optimal zusammenarbeiten, lassen sich echte Spitzenleistungen erzielen.
Marie Aigner setzte sich intensiv mit der Wertewelt pinta acoustics auseinander. Ihr Ziel war es von Anfang an, das Firmengebäude als Herz dieser Philosophie zu inszenieren. Ob Mitarbeiter, Kunde oder Gast: Jedem, der das Gebäude betritt, soll sich diese Wertewelt intuitiv vermitteln. Die wichtigsten Elemente hierfür: Farbe, Licht, Perspektive, Multimedia, die Inszenierung der Produkte – und: das Prinzip der Schleuse.

Emotionale Schleusen
Bereits bei der Erschließung des Gebäudes gerät der Besucher in den Sog der Marke. Lichtelemente in kühlem Grün laden die Sachlichkeit der Architektur beinahe magisch auf. Über der komplett mit Edelstahl verkleideten Rampe erzeugt eine bewegte Lichtdecke eine suggestive Perspektive, die den Gast förmlich in das Gebäudeinnere hineinzieht.
Auch das Foyer – ebenfalls in Tiefschwarz getaucht – atmet die Prinzipien Dynamik, Zukunftsorientierung und Leistungsstärke. Eine fast 10 m lange Theke und längs zum Raum verlaufende Lichtkanäle erschaffen eine fast irreale Raumtiefe. Video- und Lichtinstallationen verstärken diese emotionale Schleusenwirkung und entführen in die Markenwelt des Unternehmens.
Im Treppenhaus erwarten uns weitere Irritationen. Raumgroße Lichtskulpturen aus merkwürdigen Kunststoffelementen ziehen hier die Blicke auf sich. Der Clou: Diese Elemente sind nichts anderes als die Raumakustik-Komponenten, die von pinta acoustic entwickelt und gefertigt werden. Ursprünglich, so Aigner, wünschte sich der Bauherr einen Showroom für seine Produkte. Wir dagegen ließen uns von seinen Produkten anregen, machten ein wenig „Kunst am Bau“ – und nutzen so das gesamte Gebäude als einen einzigen großen Präsentationsbereich.
Tatsächlich bietet die Produktpalette von pinta acoustic ein Kaleidoskop an inspirierenden Formen und Strukturen: An den Decken der Großraumbüros etwa greifen nun wellenförmige Dämm-Lamellen den Marken-Claim Eine Wellenlänge voraus auf. In den Besprechungsräumen laufen Deckenkonstruktionen aus Akustik-Elementen an den Wänden weiter – und sorgen so für einen räumlichen Kippeffekt. In der Kantine dagegen sind Schalldämmplatten in unregelmäßigen Größen und Höhen an der Decke befestigt. Auf den Betrachter wirkt es, als befände sich die Decke in tanzender Bewegung.

Arbeitswelt mit Wellness-Faktor
Komplementär zum Schwarz der Außen- und Kundenbereiche dominiert in den Mitarbeiterbereichen elegantes, kühles Weiß – punktuell unterbrochen durch erfrischende Farbtupfer, hauptsächlich im charakteristischen Illbruck-Grün.
Auch den Mitarbeitern erschließen sich die verschiedenen Areale des Gebäudes über das Schleusenprinzip. Der Weg vom Produktionsbereich zur Kantine etwa unterstreicht durch Licht- und Toninstallationen den Übergang von der Produktion zur Regeneration. Und die Umkleiden thematisieren die Zäsur zwischen Arbeitswelt und Privatleben augenzwinkernd in Form knalliger Farbexplosionen in leuchtgrün und (für die Damen) pink.
Trotz der Intensität der Raumarchitektur legte Aigner großen Wert auf eine möglichst harmonische – und damit vitalitäts- und produktivitätsfördernde – Arbeitsumgebung. Neben der Standardmöblierung (Lista, Vitra, Arper) und der Standardbeleuchtung (Artemide) entwickelten Aigner Architecture daher maßgeschneiderte Tische, Stühle, Bänke und Leuchten, die sich perfekt in das Architekturkonzept einfügen.

Kommunikation statt Hierarchie
Ebenso wichtig war Bauherrn und Architekten die kommunikative Ausrichtung des Gebäudes. Die Räumlichkeiten im Verwaltungsbereich bieten zwar persönliche kleine Arbeits-Reiche für jeden einzelnen, sind jedoch höchstens durch Glaswände voneinander getrennt. Blickkontakte unter den Kollegen und die Möglichkeit zum spontanen, ungeplanten Wissensaustausch an den Meeting-Points sind hier mit eingeplant.
Zugleich wird hier deutlich, dass sich die Produkte des Auftraggebers nicht nur für dekorative Zwecke eignen. Denn überall im Gebäude, selbst in den Großraumbüros und in den Produktionsbereichen, ist der Schall angenehm gedämpft.
Der Grundsatz Kommunikation statt Hierarchie spiegelt sich auch in der Kantine wider. Ganz bewusst wurde hier auf eine Trennung zwischen Führungsebene und Angestellten verzichtet. Und selbst wenn das Chefbüro im zweiten Stock besonders gestaltet ist, dann nur, weil diese Gestaltung einem besonderen Zweck dient: Eine Vorsatzschale in Form einer weißen, sanft geschwungenen Lamellenwand kann hier komplett als Schreibtafel genutzt werden.

Architektur als Markenbotschaft
Von Michael Illbrucks Mitbeitern wird berichtet, sie seien vor Freude in die Kieler Förde gesprungen – damals, als die illbruck als Siegeryacht in den Kieler Hafen einlief. Ein Besuch im Firmengebäude von pinta acoustic lässt erahnen, woher dieser mitreißende Teamgeist kommt.
Entscheidend dabei: Man muss nicht gleich eine BMW-Welt errichten, um den Spirit einer Marke via Architektur zu vermitteln. Der Kostenrahmen, in dem sich Marie Aigner und ihr Team bewegten, war erstaunlich überschaubar. Für Aigner ein nicht ganz unwichtiger Aspekt an diesem Projekt: Neben dem Gebäude selbst macht uns auch ein wenig stolz, dass wir diesen Rahmen konsequent eingehalten haben. Eine Kostendisziplin, die man dem Ergebnis definitiv nicht ansieht.

Christian Schwenkmaier

Weitere Informationen:

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