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Ort der Identifikation

Interview mit Dieter Boch, iafob
Ort der Identifikation

Ort der Identifikation
Der Diplom-Psychologe Dieter Boch ist geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Arbeitsforschung und Organisationsberatung GmbH, iafob deutschland, in Anzing bei München und Leiter des überbetrieblichen „Flexible Office Netzwerk“. Darüber hinaus ist Boch Dozent für Future Work- and Workplace Design an der Hochschule für Wirtschaft in Zürich,. Zu seinen Beratungsschwerpunkten zählen die Gestaltung der Arbeitswelt, der Wandel der Organisationen, das Implementieren von Führungswissen und -kultur und der Einsatz von Change Management. I Bild: Privat.///iafob_Boch-9.jpg
Die Projektarbeit in Unternehmen nimmt zu. Teammitglieder stellen sich das dafür notwendige Mobiliar zusammen. Unternehmen müssen auf individuelle Wünsche ihrer Mitarbeiter eingehen. Das Bürogebäude wird mit seinen unterschiedlichen Raumangeboten zum Ort der Identifikation. Davon geht Dieter Boch aus, geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Arbeitsforschung und Organisationsberatung GmbH, iafob Deutschland.

Mensch&Büro: Verschiedenen Untersuchungen zufolge bewegen wir uns immer schneller in Richtung Wissensgesellschaft. Welche Bürostrukturen sind dafür notwendig? Boch: Die Entwicklung wird unterstützt durch die Digitalisierung, mit deren Hilfe sich Wissen schneller generieren lässt. Die Geräte können immer mehr und werden künftig über die Sprache gesteuert. Wir müssen lernen, das zu nutzen. Gleichzeitig eröffnet das neue Freiräume, um Ideen zu generieren. Das ist aber nur in Teams möglich. Damit die Teammitglieder in Kontakt kommen und miteinander reden, sind Räume wie Cafeterias oder ad-hoc-Besprechungsecken notwendig. Das funktioniert also nicht in herkömmlichen Strukturen. Man darf aber nicht bei den Raumangeboten stehen bleiben. Die gesamte Führungskultur muss sich ändern, sodass eigenständiges, kommunikatives Arbeiten möglich und unterstützt wird. Eine attraktive Gestaltung der Räumlichkeiten trägt dazu bei, dass sich die Beschäftigten mit dem Unternehmen identifizieren. Mensch&Büro: Was bedeutet das für die Planung und Gestaltung der Bürolandschaft? Boch: Neben der digitalen Landschaft gelten Räume als wesentliche Elemente. Es müssen solche fürs Erholen und Nachdenken, für Treffen und Kommunikation entstehen. Sie müssen komfortabel und inspirierend sein. Ich denke da an das Beispiel eines Textilunternehmens, das Berufsbekleidung herstellt. Die Wände der Besprechungsräume sind etwa mit den Stoffen von Stewardess-Uniformen oder mit denen von Feuerwehrleuten bespannt. Es muss zudem genügend Räume für ad-hoc-Besprechungen geben, die allein schon aus gesundheitlichen Gründen im Stehen stattfinden sollten. Die eigentlichen Arbeitsplätze sollten ruhig und individuell eingerichtet sein. Sie müssen Wohlfühlatmosphäre vermitteln, auch wenn es sich nicht um einen persönlich zugewiesenen Arbeitsplatz handelt. Ich soll mich dort wie zuhause fühlen können, wo ich mir auch mal einen Kaffee oder etwas zu essen hole, wo ich zwischendurch Musik höre oder aktuelle Nachrichten lese, höre oder sehe. Mensch&Büro: Um für die Zukunft gerüstet zu sein, müssen flexible Bürostrukturen geschaffen werden. Worauf kommt es da vor allem an? Boch: Wände und Stauraumöbel werden zunehmend überflüssig. Ein abschließbares, größeres Fach für Fitness-Tasche und Notebook reichen aus. Allein in den ruhigeren Zonen bedarf es einzelner Wände, die überdies akustisch wirksam sind. Aber die müssen verschieb-, trenn- und versenkbar sein. Tische und Stühle sollten sich klappen beziehungsweise stapeln lassen. Die Unterscheidung zwischen Bürodreh- und Konferenzstühlen wird immer geringer. Ich vergleiche das gern mit einer Kindertagesstätte: Dort gibt es einen großen Raum fürs Spielen und Erziehen, der je nach Bedarf mit Möbeln ausgestattet wird. Bleiben sie ungenutzt, wandern sie in einen Abstellraum. Bei der Projektarbeit, die jetzt schon etwa 30 Prozent ausmacht, wird das ähnlich sein. Das Team stellt sich selbst die erforderlichen Tische und Stühle zusammen und holt sie dazu aus einem Lagerraum. Zusammengefasst bedeutet das: Architekten sollten nur so wenig feste Wände wie nötig planen, von Büromöbelhersteller werden nur noch wenig feste, aber variabel zu gestaltende Möbel erwartet. Mensch&Büro: Wie sollte demnach das Bürogebäude der Zukunft aussehen? Boch: Bei der Planung muss man berücksichtigen, dass Standard-Routine-Arbeiten weitgehend verschwinden und die Zahl der Projektarbeiten wächst. Außerdem muss ich als Planer danach fragen, wie viele Teilzeit-Beschäftigte und Personen es gibt, die im Home Office arbeiten. Danach richtet sich die Zahl der Sitzplätze. Das verstehe ich unter „flexible office“. Zudem wächst die Dominanz großer Räume für unterschiedliche Veranstaltungen. Daneben müssen sich Serviceräume für Ablagen, Material und Technik wie rollbare, große Bildschirme befinden. Und nicht zu vergessen ist das Angebot an Essen und Trinken sowie Serviceleistungen wie Textilreinigung. Das trägt zur Motivation und Identifikation der Beschäftigten bei. Mensch&Büro: Manche Stimmen sagen, dass das Bürogebäude angesichts der Zunahme temporär genutzter, dezentraler Arbeitsplätze überflüssig wird. Boch: Die Unternehmen müssen auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter eingehen. Sie sind gefordert, eine Vielzahl an Möglichkeiten anzubieten. Das Thema ist hochkomplex. Man muss sich von einem Denken „weg von … hin zu“ verabschieden. Stattdessen werden alle möglichen Formen nebeneinander existieren. Das „Firmengebäude“ bleibt als Platz der Identifikation mit dem Unternehmen und als zentraler Kommunikations-Treffpunkt von grosser Bedeutung. Mensch&Büro: Mit diesen Fragen beschäftigen Sie sich auf Ihrer Jahrestagung „Vom Schreibtisch zum Büro der Optionen. Die Evolution von Arbeitsräumen zu Manufakturen des Wissens“, die am 26. November in Bern stattfindet. Boch: Ja, es geht darum, dass Räume in einer modernen Arbeitswelt unterschiedlichen Anforderungen gerecht werden müssen. Neben der Darstellung dreier verschiedener Praxisbeispiele in der Schweiz splitten wir das Oberthema in vier Themenfelder: Partizipation, Digitalisierung, Innovation und Soziale Nachhaltigkeit, worunter wir vor allem Gesundheitsförderung verstehen. Für die einzelnen Themen haben wir hochkarätige Referenten aus Wissenschaft und Praxis gewonnen.

Das Interview führte Gabriele Benitz. Der Artikel erscheint in der kommenden Ausgabe 5/2015 von Mensch&Büro
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