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IAO-Zukunftsforum

"Working Smarter" in Theorie und Praxis
IAO-Zukunftsforum

Mit dem Thema „Working Smarter – Menschen. Räume. Technologien“ befasste sich das Zukunftsforum des Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) in Stuttgart. Einen Großteil des ersten Tages bestritten Verantwortliche für Planung und Umsetzung neuer Arbeitswelten. Wissenschaftler untermauerten deren Praxisbeispiele mit Theorien über die Entwicklung neuer Arbeitsformen und -stile.

Neue Erkenntnisse zum Jahresauftakt im Stuttgarter Kongresszentrum Liederhalle: Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) veranstaltete Ende Januar ein Zukunftsforum zum Thema „Working Smarter – Menschen. Räume. Technologien“. Während der erste Tag von Vorträgen aus der Unternehmenspraxis mitsamt anschließenden Diskussionen geprägt war, hatte der zweite Tag eher Workshop-Charakter. Hier fanden parallele Sessions zu „Menschen“, „Räumen“ und „Technologien" statt. Worum sich an diesen beiden Tagen alles drehen würde, machte IAO-Institutsleiter Professor Dr. Wilhelm Bauer in seinem Impulsreferat klar: „Es gibt nicht ein Modell der Zukunft, wie wir arbeiten werden, sondern verschiedene.“ Ein Beispiel: Im Jahr 2020 würden die um die Jahrtausendwende Geborenen („Millenials“) in den Arbeitsmarkt eintreten. Sie wollten ihre eigenen Vorstellungen verwirklichen, die Bauer mit dem Schlagwort „You only live once“ umschrieb. Ihnen müsse man schöne, gut gestaltete Büroräumlichkeiten bieten. Mit dem Thema „Eine digitale Welt – eine bessere Welt?“, beschäftigte sich Professor Dieter Kempf, Vorsitzender des Vorstands der Nürnberger DATEV eG und zugleich Präsident von BITKOM, Berlliner Branchenverband für die digitale Wirtschaft. Weil vor allem die Millenials auch während der Arbeit auf ihre sozialen Netzwerke zugreifen wollen, sei es wichtig, so genannte „Social Media Guidelines“ zu erstellen. Denn Datenschutz und -sicherheit kommen in seinen Augen bei der Entwicklung noch zu kurz. Der BITKOM-Chef plädiert dafür, Datensicherheit und -schutz, wenn nicht welt-, dann zumindest europaweit voranzutreiben. Daran schloss sich der Vortrag zu „Kooperationsmanagement im Spannungsfeld zwischen effizienter Zusammenarbeit und Know-how-Schutz“ von Dr. Marcus Krastel an. Der Vorstand der :em engineering methods AG in Darmstadt erklärt das Thema zur Chefsache, auch um den Beschäftigten eine Leitlinie zu vermitteln. Denn oft bewege man sich einer rechtlichen Grauzone bei der Frage, wem welche Daten gehören. Er fordert: „Man muss das Kooperationsprojekt ebenso ernst nehmen wie das Fachprojekt.“ Mit der Frage, wie sich neue Arbeitsformen konkret umsetzen lassen, befasste sich Dr. Elke Frank in ihrem Referat „Work meets life – das neue Arbeiten. Potential und Grenzen am Beispiel der Microsoft Deutschland GmbH“. Als Mitglied der Geschäftsleitung des Unternehmens in Unterschleißheim für Personalangelegenheiten verantwortlich, sagte sie, dass über 40 Prozent ihrer Beschäftigten zu den zeit- und ortsungebundenen Wissensarbeitern zählen. Das erfordere eine demokratische, zielorientierte Führung mit Feedback- Runden, mit dem Ergebnis, "Ziele an die Gegebenheiten anzupassen“. Auch die Räume müssen zu den neuen Arbeitsformen passen, ist sie sich sicher. Und nennt gleich ein Beispiel aus ihrem Unternehmen: Bis Mitte 2016 soll in München-Schwabing ein neues Zentrum für Kooperation und Kommunikation entstehen. Um „Neue Arbeitswelten – Herausforderungen für die Führung“ drehte sich auch der Vortrag von Dr. Herbert Grebenc, Bereichsleiter Allgemeine Dienste, Konzernsicherheit, Immobilien der BMW Group in München. Für seine Begriffe sei es oft schwierig, adäquate Räume für neue Formen des Arbeitens zu kreieren. Als Hemmschuh betrachtet er die derzeitige Dominanz der Babyboomer in den Unternehmen. „Sie bauen Räume für ihre eigene Art des Arbeitens und denken nicht daran, dass sie selbst in einigen Jahren nicht mehr arbeiten werden.“ Dagegen steuert BMW mit seinem Pilotprojekt „M51“ an. In den neuen Arbeitswelten entstehen Zonen für mobiles Arbeiten. Grebenc selbst geht mit gutem Beispiel voran. Er verzichtet auf ein eigenes Büro. Das Pilotprojekt ist ein wichtiger Schritt zum Stück für Stück entstehenden BMW-Campus am Münchener Stammsitz. Wichtiges Kriterium: Die Gebäudestrukturen müssen flexibler werden. Grebenc vergleicht in diesem Sinne „das Büro der Zukunft mit einer Messehalle, in der immer alles umgebaut werden kann“. Auch die Telefónica Germany GmbH & Co. OHG. ist in München ansässig. Martin Brübach, dort Manager Real Estate Development/Corporate Real Estate Management, erläuterte das weltweit für den Telekommunikationskonzern gültige Konzept „Be More – neue Räume als Katalysator für eine neue, globale Arbeitskultur“. Vor dem Hintergrund, dass permanent Besprechungsflächen fehlen und die Telefónica-Beschäftigten mit mobilen Endgeräten arbeiten, sollen die Flächen neu aufgeteilt werden – in „Me“-Flächen für konzentriertes Arbeiten, „We“-Bereiche für Teams, „Us“-Zonen für die Zusammenarbeit über Abteilungsgrenzen hinweg und „Plus“-Areale für die Interaktion mit Kunden und Partnerunternehmen. Dabei bedient sich der Architekt wie seine Pendants in anderen Ländergesellschaften aus einem Modulbaukasten, der neben ähnlichen Standards individuelle Ausformungen ermöglicht. Er betont: „Es geht nicht einfach nur darum, in eine neue Arbeitsumgebung zu ziehen, sondern um die Adaption einer ganzheitlichen organisatorischen und betrieblichen Neuausrichtung.“ Über “Smart Work at Yuhan-Kimberly”, eines der führenden Gesundheits- und Hygieneartikelunternehmen in Südkorea, berichtete JaeWoo Lee in Stuttgart. Der Communications Team Leader bei der Yuhan Kimberly Ltd. in Seoul erläuterte das „Smart Working“-Konzept. Demnach arbeiten 1.720 Angestellte in Smart Work Centers in der Landeshauptstadt. Das Unternehmen unterstützt seine Beschäftigten unter anderem darin, Job und Familie zu vereinbaren. Flexible Arbeitszeiten und Betreuungsangebote für den Nachwuchs gehören zu den Pfeilern des Konzepts. Zudem wurden Desksharing und offene Zonen für kommunikatives und kollaboratives Arbeiten eingeführt. In Südkorea eher die Ausnahme, erklärt Jae Woo Lee. „Hier dominieren immer noch Cubicles und es wird immer noch viel Papier ausgedruckt.“ Doch Yuhan-Kimberly dient als Vorbild: Besucher von mehr als 300 Firmen und staatlichen Einrichtungen schauten sich die neuen Formen des Arbeiten seit der Einführung im Jahr 2011 an. Mit lebensfreundlicher Architektur befasst sich Bill Browning, Gründungsmitglied von Terrapin Bright aus Green im US-Bundesstaat New York. „The Economic Value of Biophilia Architecture“ lautete der Titel seines Vortrags. Die Idee basiert darauf, dass die Natur den Menschen positiv beeinflusst. Browning berief sich unter anderem auf Untersuchungen aus Japan, wonach künstlich unter Stress gesetzte Personen in der Natur schneller wieder einen niedrigeren Puls und Blutdruck aufwiesen und weniger Cortisol ausschütteten, wenn sie sich in der Natur aufhielten. Er überträgt die Beobachtungen auf Bürobauten und plädiert für viel Tageslicht im Gebäude und Ausblicke in die Natur. „Die Augen können sich dann ausruhen“, stellte er fest. Ein zusätzlicher Effekt entstehe, wenn man nicht frontal vor dem Monitor sitze, sondern der Bildschirm um 6 Grad gedreht werde. Das zählt er zu den Elementen, "die den Unterschied zwischen einem Green Building und Biophilic Design und Architektur ausmachen“.

Auf „eine Zeitreise durch flexible Arbeitswelten“ entführte Wolfgang Binder die Kongressteilnehmer in Stuttgart. Der Leiter Zentrale Dienste der in Köln ansässigen RheinEnergie AG berichtete von den Erfahrungen seines Unternehmens, das Konzept „Office 21“ des Fraunhofer IAO zu implementieren. Im Business Club Hannover zum Beispiel praktizieren die Beschäftigten Desksharing, arbeiten netzwerkunterstützt und mit einem schnurlosen Telefon. „Wir wollen von den persönlichen Akten weg- und zum elektronischen Workflow hinkommen“, erklärt Binder. Weitergeführt wird das Prinzip im RheinEnergie-Neubau in Köln mit 2.011 Arbeitsplätzen, 89 Besprechungsräumen und verschiedenen Meeting Points. Darüber, wie man an Coworking-Orten mit anderen Menschen kooperiert, berichtete Romy Sigl. „Unter anderen/m arbeiten – Coworking Spaces als Innovationsorte“, lautete der Titel ihres Referats. Die Gründerin und Chefin von Team & Partner, COWORKINGSALZBURG veranschaulichte ihren Alltag anhand von Filmen über gemeinsame Projekte. „Do what you love“, heißt ihr Credo. Auch wenn die präsentierten Salzburger Räumlichkeiten zwischen zweckmäßig und kuschelig changieren, geht es mitunter hart zu, sagt Sigl. Sie nennt ein Beispiel: Bei den regelmäßigen Runden unter dem Motto „food for feedback“ kocht einer und die anderen geben ein klares Feedback zu einer Startup-Idee oder einem Event. Diese erfrischenden Ausflüge in die Welt des Coworking erheiterten das Publikum am ersten Kongresstag. Am Ende des Tages wurde es eher wissenschaftlich. Klaus Burmeister, Geschäftsführer der Kölner Z_punkt GmbH The Foresight Company, referierte über „Von den Zukünften der Arbeit – weil »Smart Work« allein die soziale Fantasie fehlt…“. Nach einem geschichtlichen Rückblick von der Entwicklung des Fließbands bis zur heutigen datengestützten Interaktion schlussfolgerte er: „Arbeitswissenschaften und Techniksoziologie sind nicht auf der Höhe der Zeit.“ Stattdessen fordert er: „Wir brauchen fundiertes Wissen über Systemzusammenhänge.“ Im Zuge der digitalen Transformation arbeiteten neue Akteure in Ökosystemen zusammen, es entstünden neue Querschnittsmärkte, zum Beispiel zwischen Gesundheit, IT und Ernährung sowie ein neuer Wettbewerb durch plattformgestützte Unternehmensstrategien. Auf einen einfachen Nenner gebracht: „Wer die Daten hat, hat Zugang zu Kunden und Dienstleistungen.“ Gabriele Benitz Fotos: Gabriele Benitz
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