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Fühlen, was man sieht

Die Rolle der Sinne in der Innenarchitektur | Nachbericht
Fühlen, was man sieht

Fühlen, was man sieht
Intensivblaue Wände und elegant integrierte Akustikpaneele: Mit dem Refugium Berlin zeigen Sauerbruch Hutton, wie Gestaltung für alle Sinne geht. I Bild: Silke Reents

»Fühlen, was man sieht« – Fünf Sinne hat der Mensch: Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten. Einen sechsten haben Innenarchitekten. In ihrer Arbeit erdenken sie Räume und rezipieren Sinneseindrücke. Das zelebrierte das md Event „Mit allen Sinnen“ in Berlin.

Das Auge
Das Refugio bot den angemessenen Rahmen für die Fachveranstaltung. Mit farbsatter Gestaltung schuf Sauerbruch Hutton einen Fokusort, sprich ein „ungeahntes Kraftfeld“, wie md Chefredakteurin Susanne Tamborini den Versammlungsraum mit seinen charakteristischen tiefblauen Wänden beschreibt.„Ein starkes visuelles Umfeld zu schaffen, ist effizient“, betont Materialexperte Hannes Bäuerle von der Raumprobe Stuttgart, indem er in seinem Impulsvortrag die Studie ‚Sensory Branding‘ von Marketingexperte Paul Steiner zitiert. Diese besagt, dass für 83 Prozent der Menschen das Optische als wichtigster Sinnesreiz gilt. In Zeiten, in denen Selfie-Spots in Restaurants, Firmenentrees oder Messeständen zum Planungsstandard werden, wundert das nicht. Büroexperte Axel Praus von Workingwell warnt jedoch, dass diese visuelle Fixierung auch negative Nebenwirkungen haben kann. „Selbst im Büro haben wir die Instinkte von Höhlenmenschen. Geht jemand an unserem Schreibtisch vorbei, schauen wir auf: Wir wissen ja nicht, ob es der Kollege oder ein Säbelzahntiger ist.“

Das Ohr
Genauso wie die Urinstinkte lassen sich die Ohren nicht abschalten. Im Refugium Berlin lenkten Sauerbruch Hutton die Akustik mit eleganten, unter der Decke angebrachten Paneelen. Leider ist diese saubere Planung nicht die Norm. Beispielsweise nehmen Bauherren von Restaurants und Büros Geräuschpegel oft eher als lästigen Nebeneffekt in Kauf, anstatt das planerische Gestaltungspotenzial bewusst zu nutzen. Anna Vonhausen von Vank warnte vor Provisorien. „Es kann keine Lösung sein, weniger zu sprechen oder gar auf Messenger auszuweichen. Der Mensch ist ein soziales Wesen. Man sollte geschickt zonieren, anstatt zu versuchen, Geräuschquellen zu isolieren.“ Hilfreich dabei sind neben Raum-in-Raum-Lösungen von Vankmodulare Möbel wie  Supergrid, die sich auf verschiedene Szenarios adaptieren lassen.

Die Nase
Laut der Steiner-Studie sprechen nur 3,5 Prozent aller Menschen dem Geruchssinn die stärkste Wirkung zu. Möglicherweise ein Fehler: Gerüche sind die stärksten Erinnerungsträger. Neben der Automobilbranche verstehen sich insbesondere Hotels darauf, einen bestimmten Duft als Markenbotschaft einzusetzen. Auch Holzexpertin Inga Kremer von Kinnarps setzt auf Olfaktorik: „Der Duft von Zirbenholz verringert den Herzschlag um 3500 Schläge am Tag, das ist eine Stunde Herztätigkeit.“ Doch nicht nur die bewusste Verstärkung von Duft ist Teil guter Innenarchitektur – mitunter ist es auch die Vermeidung. Ein Anwendungsbeispiel bot Elica im Anschluss an die Vorträge: Dank leistungsstarker Muldenlüfter ließ sich im Konferenzraum kochen, ohne für Tage den Duft zurück zu lassen.

Der Mund
Nur schmecken kann man gute Gestaltung nicht. Außer man fragt den Gießmeister von Villeroy & Boch. „Porzellan ist ja ein reines Naturprodukt, das einen gewissen Zeitraum ziehen muss“, erklärt Thimo Franke, Vertriebsleiter Bad & Wellness bei Villeroy & Boch, den sinnlichen Entstehungsprozess. Den idealen Gusszeitpunkt bestimme der Gießmeister jedoch nicht mit geübtem Blick, sondern mit dem Mund. Doch laut Steiner schätzt nur 1 Prozent den Geschmackssinn als wichtigste Sinneswahrnehmung ein.

Die Haut
Doch warum war man nun in Berlin zusammengekommen? Um zu „begreifen“. Allein der Wortstamm zeigt, dass die 1,5 Prozent, die laut Steiner den Tastsinn als wichtigste aller Wahrnehmungen einstufen, recht haben. Im Hinblick auf seine Berufspraxis als Materialexperte schmunzelt Bäuerle: „So mancher hat sich schon gegen die Planung eines ultrarobusten, aber kratzigen Bodens entschieden, weil er ihn in die Hand genommen hat.“

Und der Tastsinn ist es, der in letzter Instanz auch die Optik prägt. 98 Prozent der 2004 verkauften Sanitärkeramik hatte die Farbe Weiß, berichtet Thimo Franke. Dank neuer, supermatter Oberflächen wurde das bis heute nicht langweilig, erst langsam zieht der Verkauf von bunten Elementen wieder an.

In der Zwischenzeit finden sich supermatte Oberflächen in allen Disziplinen der Inneneinrichtung, sei es Keramik, Möbelfronten oder Wandfarben. Und die Zulieferindustrie forscht weiterhin an Oberflächen, deren Textur die Optik unterstreicht und intensiviert. Denn sie hat erkannt, was für Innenarchitekten schon lange unausgesprochenes Credo ist: Man will mit allen Sinnen fühlen, was man sieht. Autorin: Johanna Neves Pimenta

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