Resolution for Lemberg | Lviv | Lwów – Erst gestern hat die Sächsische Akademie der Künste eine Resolution auf den Weg gebracht: Rettung der Architektur der Zwischenkriegsmoderne in Lemberg | Lviv | Lwów. Dieses Erbe gilt es zu retten, da es von Abriss, Umbau und Überformung bedroht ist. Zugleich gilt es die Erinnerung an jene Architekten und Bauherren zu bewahren, die im Holocaust ihr Leben verloren haben oder vertrieben wurden. Auch darum sieht sich die Akademie in einer besonderen Verantwortung und kommt ihrer im Gründungsgesetz verankerten Aufgabe nach, die Verbindung zu ihren osteuropäischen Nachbarn zu pflegen.
Resolution
Das 100-jährige Bestehen des Bauhauses zeigt, dass die Einflüsse des Bauhauses geographisch breiter gestreut sind als bisher bekannt. Die in Lemberg / Lwow / L‘viv (heute Ukraine) während der Habsburger Monarchie 1844 gegründete Universität „Politechnika Lwowska“ war in der Zwischenkriegszeit 1919 – 1939 stark von den Ideen des Bauhauses und der internationalen Moderne geprägt. Das zeigen wegweisende Bauten und Entwürfe in Lemberg selbst, in Europa und in unterschiedlichen Ländern der Welt.
Für den Pluralismus dieser Zeit stehen Vertreter der jüdischen Kultur wie Ferdynand Kassler, Jozef Avin, Simon Wiesental, Bruno Schulz, Jakub Menker u.a., der polnischen Kultur wie Witold Minkiewicz, Jan Bagieński, Tadeusz Wróbel, Władysław Derdacki, Andrzej Frydecki, Tadeusz Teodorowicz-Todorowski u.a. und der ukrainischen Kultur wie Eugen Nahirnyj, Danylo Nimciw, Mykola Mykula, Jewhen Hren u.a.
Allein in Lemberg gibt es 3.216 noch erhaltene Bauten der Zwischenkriegsmoderne. Die Bandbreite reicht von Arbeitersiedlungen, Mehrfamilienhäusern, Villen bis hin zu modernsten öffentlichen Gebäuden.
Die Lemberger Architektur der Zwischenkriegsmoderne muss als kulturelles Erbe Europas erhalten bleiben. – Es ist ein Architekturdenkmal der frühen Moderne und einer multikulturellen,
international geprägten Metropole mit über 500.000 Einwohnern. – Es ist ein Mahnmal für die ermordeten jüdischen Architekten der Avantgarde. – Zugleich ist es eine Erinnerung an jene polnischen Architekten, die bis 1945 in Lemberg /
L‘viv / Lwów wirkten – Heute bietet dieses Erbe Heimat für Hunderttausende Ukrainer, Russen und für andere
Völker der Nachkriegszeit. Diese Architektur ist bedroht!
Bedroht ist sie vor allem durch Umbau, Überformung, Vernachlässigung und Abriss. Wir rufen zu einer Initiative auf, durch die der weitere Verlust von Bauten der Moderne in Lemberg/L‘viv verhindert sowie ein Prozess der Sicherung und Erhalt eingeleitet werden kann.
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Wir schlagen vor:
- Bestandsaufnahme besonders hervorragender und exemplarischer Bauten der Architektur der Moderne aus der Zwischenkriegszeit in Lemberg
- Einberufung einer internationalen Tagung nach Lemberg
- Gründung eines Dokumentationszentrums «Moderne in Lemberg / L‘viv / Lwów».
- Gründung eines Fonds zur Rettung gefährdeter Bauten der Moderne der Zwischenkriegszeit in Lemberg / L‘viv / Lwów
Bohdan Tscherkes, Mitglied der Klasse Baukunst der Sächsischen Akademie der Künste Werner Durth, Mitglied der Klasse Baukunst der Sächsischen Akademie der Künste
Prof. Thomas Will, Sekretär der Klasse Baukunst der Sächsischen Akademie der Künste Holk Freytag, Präsident der Sächsischen Akademie der Künste
Prof. Jörn Walter, Stellv. Direktor der Sektion Baukunst der Akademie der Künste Berlin
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