Inspiration wanted
Heimtextilien sind die emotionale Dimension der Innenarchitektur. Und sie erfüllen wichtige Funktionen. Wie aber bekommt man mehr Lust auf Textil? Ein md-Fachgespräch im Stuttgarter Haus der Architekten lockte das Publikum aus der Reserve.
Es herrscht Leidensdruck auf beiden Seiten: Textilhersteller und -verleger beklagten auf dem md Event Round Table of Textiles, RToT, die Zurückhaltung der Architekten und Innenarchitekten in Bezug auf den Einsatz ihrer Produkte. Diese wiederum sahen die Veranstalter von Fachmessen, die Textilhersteller und den Fachhandel in der Pflicht, ihnen mehr Appetit auf die Welt der Textilien zu machen. “Schließlich geht es um Atmosphäre,” wie es Sylvia Leydecker aus dem Publikum auf den Punkt brachte. Die Innenarchitektin und BDIA Vizepräsidentin war eigens aus Köln zum md Event ins Stuttgarter Haus der Architekten angereist.
Nach einer einführenden „Stoffensive” von Martin Pötz, Initiative Textilie Räume, ließ md-Chefredakteur David Wiechmann auf dem Podium führende Branchenvertreter zu Wort kommen. Während Philippe Baumann, CEO Création Baumann, die akustischen Vorzüge textiler Wandbehänge als messbare Größen unterstrich (“Die Atmosphäre bekommen Sie dann noch gratis dazu”), beklagte Remo Röntgen, CEO Nya Nordisca, dass in Deutschland der Umgang mit Farbe, Struktur und Textilien erst wieder gelernt werden müsse. Eine Einschätzung, die auf dem Podium allgemein geteilt wurde. “Hotels sind die einzigen Oasen, in denen Textilien noch gelebt werden”, so Joachim Stock, Managing Director Rasch Textil. Dabei ist technisch heute nahezu alles möglich. “Es ist vor allem der Digitaldruck, der Planern und Innenarchitekten neue Spielräume eröffnet”, wie Michael Fischbacher, CEO Christian Fischbacher, unterstrich – und Andreas Zimmer, CEO Zimmer + Rohde realistisch einschränkte. “Machbar ist alles. Aber es hat auch seinen Preis. Denn die Umsetzung ist gleichwohl auch für 3D-Drucke recht komplex”.
Unbestritten sind die hohen Funktionspotenziale textiler Materialien wie Lichtschutz, Kälte- und Hitzedämmung oder Schallschutz. Doch letztendlich dreht sich – und so war es auch beim RToT in Stuttgart – alles um die Frage, wie die Hersteller ihre Kunden zunächst erst einmal emotional erreichen können, Voraussetzung um ihnen überhaupt die funktionalen Vorteile von Textilien näherzubringen.
Entscheidende Impulse kamen vom Publikum. Es gab den versammelten Herstellern und Vertretern von Heimtextil (Olaf Schmidt) und Münchner Stofffrühling (Klaus Winkler) gemeinsame Hausaufgaben auf den Weg: das Qualitätsbewusstsein der Kunden zu schärfen, mehr mit jungen Leuten zu kooperieren, vor allem aber für die Fachöffentlichkeit experimentelle Räume zu inszenieren, um Textilien erlebbar zu machen. “Heimtextilien müssen so funktionieren wie Mode auf dem Laufsteg. Sie müssen Lust machen auf mehr”, so die Forderung. Inspiration wanted. Eine klare Ansage!
Veranstalter:
md INTERIOR | DESIGN | ARCHITECTURE