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Der Tod des Architekten Walter Gropius

Vor 50 Jahren | Hörtipp
Der Tod des Architekten Walter Gropius

Der Tod des Architekten Walter Gropius
Walter Gropius, ca. 1920 I Bild: picture alliance / akg-images / Louis Held

»Der Tod des Architekten Walter Gropius« – Der gebürtige Berliner Walter Gropius war nach seiner Emigration aus Nazideutschland in den USA mit einem Architekturbüro sehr erfolgreich. Noch bekannt wurde er aber als Gründer des international einflussreichen Bauhauses. Dabei hatte er nicht einmal ein Architektur-Diplom. Heute vor 50 Jahren starb er.

Januar 1919: der Krieg ist verloren, der Kaiser hat abgedankt, Deutschland steht vor einer Revolution. Aber in Weimar, in der Provinz, entscheidet einstweilen noch das Großherzogliche Hofmarschallamt, auch über die Leitung der Kunsthochschule. Dort hat sich ein junger Mann aus Berlin beworben: geboren 1883, preußischer Husar, schneidiger Reiter, ausgezeichnet mit dem Eisernen Kreuz. Eine imponierende Erscheinung, dieser Walter Gropius. Er bekommt die Stelle.

Überzeugendes Auftreten anstelle eines Architekturdiploms
„Er war aber weder Künstler noch Kunsthistoriker – und nicht einmal ein Zeugnis als Architekt konnte er vorweisen. Wieso wird so jemand Direktor einer Kunsthochschule – die er dann Bauhaus nennt?“

Für Bernd Polster, Autor einer Gropius-Biographie, steht fest: Der Begründer des Bauhauses und Initiator eines weltweit adaptierten „International Style“ war in seinem Fach, der Architektur, nicht sattelfest. Für Polster verdankt Walter Gropius seinen Ruhm allein dem überzeugenden Auftreten. Aber bereits 1911 hatte er sich als Architekt einen Namen gemacht mit den Fagus Werken im niedersächsischen Alfeld. Eine absolut moderne Konstruktion, reduziert auf Glas und Stahl. Gropius hatte die grundlegend neue Idee – konnte allerdings nicht zeichnen.

„Er hatte da eine ganz fantastische Methode, er hat die Sachen andere machen lassen. In seinem Architekturbüro, da war es der Adolf Meyer, von dem wohl sämtliche wichtigen Entwürfe sind. Im Bauhaus waren es die Studenten.“

Kollektivgedanke ist bestimmend für das Bauhaus
Was Polster als Vorwurf formuliert, das hat Gropius selbst später zum Bauhaus-Konzept erklärt:

„Mir war vollkommen klar, dass der Einzelne nicht viel tun kann. So dachte ich, ich müsste zu mindesten eine Schule gründen, die aber nicht etwa darauf ausging, irgendeinen Stil oder ein Dogma zu erreichen, sondern eine lebendige Bewegung für unser tägliches Leben, vom einfachsten Ding bis zum hohen Kunstwerk – alles aus einer Einheit heraus.“

In einem Manifest wird mit diesen Grundsätzen für das Bauhaus geworben. Bereits die Überschrift – „Kathedrale des Sozialismus“ – verweist auf den Kollektivgedanken. Zahlreiche Bauhausmeister wie Lyonel Feininger, Paul Klee oder Johannes Itten sind beteiligt – aber einer setzt sich immer wieder durch. Annemarie Jaeggi, Direktorin des Bauhaus-Archivs:

„Das Bauhaus hat zwischen 1919 und 1933 mehrere Richtungswechsel unternommen – und einer findet 1923 statt. Gropius gibt die neue Losung aus: Kunst und Technik, eine neue Einheit!“

Rationalisierung und Standardisierung des Bauens
Mit „Technik“ macht Gropius von sich reden. Am neuen Standort, in Dessau, hinterlässt der scheidende Direktor 1926 sein architektonisches Markenzeichen in Gestalt eines fabrikähnlichen Neubaus – die Fortschreibung des Fagus-Entwurfs. Zurück in Berlin widmet er sich – nun auch als Städteplaner – der Rationalisierung des Bauens, etwa durch Standardisierung im Wohnungsbau. Diesen Reformbestrebungen setzt das Nazi-Regime ein Ende, Gropius emigriert 1934 in die USA und gründet dort 1946 ein Architekturbüro mit zahlreichen, meist jungen Mitarbeitern. Auch hier herrscht das Kollektiv-Prinzip, allerdings ganz auf betriebswirtschaftliche Effizienz getrimmt:

„Wir haben eine richtige Methode, dass wir sehr scharf kritisieren, was der andere macht. Aber der so genannte job captain, der hat immer das letzte Wort. Aber alle Kritik wird hineingebracht, und da kann jeder irgendetwas beitragen – und das ist eine Bereicherung für den Mann, der das letzte Wort zu geben hat.“

Gropius‘ letzte Worte, seine Statements als Architekt, setzt er weltweit, vom PanAm-Wolkenkratzer in Manhattan über die Universität in Bagdad bis zur US-Botschaft in Athen. Für die Deutschen ist er mehr als nur ein Architekt, mit der Verleihung des Goethe-Preises 1961 wird der Bauhaus-Gründer als Verfechter der Moderne geehrt.

Walter Gropius genießt den von ihm selbst beförderten Rummel – und mag im hohen Alter von seinem Architekten-Job nicht lassen:

„Wir bauen jetzt auch dormitories, das sind Studentenwohnhäuser. Und noch einige Krankenhäuser. So ist das Büro voll beschäftigt, wir haben vier Büros in Cambridge und eines in Rom. Es ist ein bisschen viel für mich geworden.“

Das bilanzierte Walter Gropius in einem der letzten Interviews. Wenig später, am 5. Juli 1969, starb er in Boston. Ein Architekt ohne Diplom. Aber ein wichtiger Anreger und Ideengeber der Moderne. (Text: Jochen Stöckmann)

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