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Zwei Bypass-Brücken zur bestehenden VOEST Brücke in Linz (A) von SOLID Architecture

Verkehrsbauten | Linz (A) | SOLID Architecture
Bypassbrücken zur VOEST Brücke

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Die beiden Bypassbrücken zur VOEST Brücke wurden von SOLID architecture als Schrägseilbrücken mit Pylonen konzipiert. Als Landmark sind sie weithin zu sehen.

Die VOEST Brücke in Linz ist Teil der A7 Mühlkreis Autobahn, auf ihr überqueren täglich etwa 100.000 Fahrzeuge die Donau. Es handelt sich um einen der meistbefahrenen Straßenabschnitte in Österreich.

Namengebend für die Brücke ist der Linzer Stahlkonzern VOEST, der die Brücke als erste Schrägseilbrücke Österreichs geplant und von 1969 bis 1972 errichtet hat. Technisch erst möglich durch die Entwicklung von Stahlseilen aus hochfesten Drähten, war der Typus der Schrägseilbrücke in den 1970er Jahren ein Symbol des industriellen Fortschrittes, siehe hierzu als internationale Referenz die „Düsseldorfer Brückenfamilie“.

Nach annähernd 50 Jahren Betrieb ist die absehbare Sanierung der VOEST Brücke bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Verkehrs nicht möglich. Da eine Brückenverbreiterung technisch nicht möglich ist entschied sich die ASFINAG dazu auf beiden Seiten der VOEST Brücke je eine zusätzliche Brücke zu errichten, um während der anstehenden Instandsetzung den Verkehr der A7 über diese Brücken führen zu können. Nach Abschluss der Sanierungsarbeiten dienen die zusätzlich errichteten Brücken der Entflechtung des Verkehrs sowie der Auf- und Abfahrt auf die A7 und bilden einen “Bypass“ zur VOEST Brücke.

Auf Grundlage des von der ASFINAG verfassten Leitkonzept Gestaltung Brücke wurde ein EU-weit offener, einstufiger Realisierungswettbewerb für Planungsteams aus Architekten und Tragwerksplanern für den Entwurf der beiden Bypassbrücken ausgeschrieben.

Aus 17 Entwürfen wurde das Projekt der Arbeitsgemeinschaft BERNARD Ingenieure – RWT+ – SOLID architecture von einer international besetzten Jury zur Realisierung ausgewählt.

Abstraktes Raumgebilde als Landmark

Die beiden Bypassbrücken wurden ebenfalls als Schrägseilbrücken mit Pylonen konzipiert. Sie nehmen die klare, reduzierte Formensprache der VOEST Brücke auf und bilden mit dieser eine Brückenfamilie. Die Pylonen der drei Brücken sind von weitem sichtbar. Je nach Blickrichtung stehen sie in einer anderen räumlichen Konstellation zueinander, es entsteht ein abstraktes Raumgebilde. In strahlendem Weiß ist es ein die Donau überspannendes Landmark, das für die Entwicklung von Linz, weg von der grauen Stahlstadt hin zu einem modernen Industriestandort mit Lebensqualität steht. Die VOEST Brücke soll im Zuge ihrer Sanierung ebenfalls einen weißen Anstrich erhalten.

Das neue Brückenensemble ist hierarchisch klar gegliedert. Dominanter Hauptteil ist die bestehende VOEST Brücke, sekundäre Elemente sind die beiden Bypassbrücken. Ablesbar ist diese Hierarchie an der geringeren Höhe und dem schlankeren Querschnitt der Pylonen der Bypassbrücken sowie an deren geringeren Anzahl an Abspannungen. Achsabstände und Neigungswinkel nehmen die Geometrie der VOEST Brücke auf.

Auch die Details von Geländern, Pfeilern und Lärmschutzwänden sind von der einfachen Formenspreche des Bestandes abgeleitet.

Pylonen und Abspannungen der VOEST Brücke und einer Bypassbrücke bilden jeweils die äußere Begrenzung des in eine Fahrtrichtung laufenden, motorisierten Verkehrs. Diese räumliche Fassung eines Verkehrsstromes verstärkt die Wahrnehmung von Bestand und Erweiterung als funktionale Einheit und Brückenfamilie.

Für Fußgänger und Radfahrer wird die Donauquerung attraktiviert. Auf der VOEST Brücke verläuft der Fußgänger- und Fahrradweg durch eine Leitplanke getrennt neben den Fahrspuren der Autobahn. Auf den Bypassbrücken werden die motorisierten und nicht motorisierten Verkehrsströme durch einen 2,1m hohen Spritz-, Schall- und Überkletterschutz baulich voneinander abgesetzt.

Mit dem Lentos und dem Ars Elektronica Center befinden sich direkt an der Donau zwei intensiv mit künstlichem, farbigem Licht bespielte Kultureinrichtungen. Die drei hoch aufragenden Pylonen des Brückenensembles VOEST Brücke bilden den räumlichen Abschluss des als Kulturmeile genutzten Donauabschnittes in Linz.

Das Ensemble der VOEST Brücke erhält eine, der Bauaufgabe Infrastruktur angemessene, einfarbige Beleuchtung. In der Nacht verbindet ein horizontales Lichtband entlang der Fuß- und Radwegführung die beiden Donauufer. Von der Beleuchtung der Pylonen wurde im Projektverlauf aus Umweltschutzgründen Abstand genommen.

Tragwerk Bypassbrücken

Die Bypassbrücken sind als dreifeldrige Schrägseilbrücken mit Spannweiten von 85m, 132m und 72m bzw. 60m geplant. Die Schifffahrtsrinne der Donau führt durch das 132m breite, mittlere Brückenfeld. Dieses Feld wird durch eine Doppelte Abspannung mit Schrägseilen unterstützt. Spannseile führen die Zugkräfte über den Pylon zu dem am Donauufer situierten Auflager, in dem deren Ableitung über ein Zug-Druck-Pendel erfolgt.

Die jeweils 36m hohen und 100 Tonnen schweren Pylonen wurden in zwei Teilen angeliefert, mittels Kran in Position gebracht, verschweißt und danach weiß gestrichen. Sie besitzen einen rechteckigen Stahlquerschnitt, der biegesteif mit dem Brückendeck verbunden ist.

Wartungsplattformen an der Spitze der Pylone sind über Leitern im Inneren zugänglich. Die geschlossenen Umwehrungen der Plattformen führen den Querschnitt der Pylonen, von denen sie durch eine Fuge abgesetzt sind, weiter und unterstützen so die monolithische, reduzierte Erscheinung der Pylonen.

Spannseile – 1.486 km Draht

Für die Montage der Spannseile sind im Kopf eines Pylons jeweils vier Seilverankerungen eingesetzt (Festanker). Ihr Gegenstück bilden Verankerungen in Seilkästen, die in den Brückenquerschnitt integriert sind – von dort erfolgte das Vorspannen der Seile in zwei Etappen.

In weißen Hüllrohren laufen pro Abspannung 91 Drahtseile, insgesamt wurden für beide Bypassbrücken 1.486 km Drahtseil mit einem Gesamtgewicht von 232 Tonnen verarbeitet.

Der Brückenquerschnitt ist 17,15m breit, im Minimum 3,50m hoch und besteht aus einem zweizeiligen Stahlhohlkasten mit beidseitigen Kragarmen. Der Abstand der Bypassbrücken zur VOEST Brücke beträgt jeweils 6,00m.

Nach dem Zusammenfügen der mit Tiefladern angelieferten Stahlelemente der Brückenquerschnitte am flussabwärts gelegenen Vormontageplatz wurden die 100 m langen und bis zu 1.500 Tonnen schweren Tragwerksteile auf schwimmende Plattformen überführt, zu den Pfeilern eingeschwommen und dort mit Presstürmen gehoben und auf den Lagern abgesetzt.

Die Ableitung der Kräfte dieses Stahlüberbaus in die Pfeiler erfolgt über Topflager, wobei der Fixpunkt der Tragstruktur in der Achse des Pylons liegt.

Pfeiler und Widerlagen sind mit einem Pfahlkasten aus Großbohrpfählen (d = 1,20m) in den von Donauschotter und Anschüttungen überlagerten, tragfähigen Schlier gegründet.

Für die Strompfeiler wurde in einem ersten Arbeitsschritt ein Spundwandkasten eingebracht, abgedichtet und verfüllt. Darauf folgte die Abteufung von 25 Bohrpfählen in eine Tiefe von bis zu 14m, der Bau der Schalungswände, das Einbringen der Armierung und schließlich die Betonage des Pfeilers. Insgesamt wurden pro Pfeiler im Schnitt 600 m³ Beton und 55 Tonnen Stahl verbaut. Schwere Wasserbausteine bilden den Kolkschutz.

Die vertikale Strukturschalung der neu errichteten Pfeiler nimmt die Natursteinverkleidung der bestehenden Pfeiler auf, deren Oberkante auch die Oberkante der neu errichteten Pfeiler in der jeweiligen Brückenachse bestimmt.

Jede Bypassbrücke bietet zwei Fahrspuren für den motorisierten Verkehr sowie einen Fuß- und Radweg. Die Breite der Bypassbrücken ist so konzipiert, dass während der Sanierung der VOEST Brücke bei reduzierter Geschwindigkeit drei provisorische Fahrspuren auf jeder Bypasbrücke geführt werden können.

Vorlandbrücken

Neben den beiden Bypassbrücken aus Stahl wurden am nördlichen Donauufer im Anschluss für Zu- und Abfahrten insgesamt 18 weitere Brücken aus (Spann-) Beton in verschiedenen Bauweisen als Platten-, Plattenbalken- und Hohlkastenbrücken errichtet, die sogenannten Vorlandbrücken. Hierbei handelt es sich teilweise um große Brückenbauwerke, wie etwa die an die westlich gelegenen Bypassbrücke anschließende, in drei Richtungen verwundene Spannbeton-Hohlkastenbrücke mit einer Gesamtlänge von über 400m, einer Spannweite von bis zu 43m und einer Lage von teilweise 14m über dem Terrain.

Die weißen Metallpaneele des Spritz- und Überkletterschutzes gehen nahtlos in die Lärmschutzwände der Vorlandbrücken über. Zusammen mit dem weißen Geländer bestimmen sie in der Wahrnehmung den horizontalen Verlauf der Brücken, die grauen Kästen der Brücken treten in den Hintergrund.

In Brückenachsen, in denen Tragwerke aus Stahl und Stahlbeton aufeinandertreffen, wurden die Querschnitte der Stahl- und Betonkästen aufeinander abgestimmt. Durch den Materialwechsel kommt es zu keiner Zäsur in der Geometrie der Brückenquerschnitte, diese gehen vielmehr fließend ineinander über. Die graue Farbgebung der Stahlkästen unterstützt die Wahrnehmung der Brücken als ein zusammenhängendes Bauwerk.

Die Aufrechterhaltung des über die VOEST Brücke laufenden Verkehrs mit jeweils zwei Fahrspuren pro Fahrtrichtung während der Errichtung der Bypass- und Vorlandbrücken stellte eine logistische Herausforderung dar. Sperren von Fahrstreifen erfolgten nachts oder an Wochenenden.


Standort: A7, Mühlkreis Autobahn. Linz, Österreich

Architekten: SOLID architecture ZT GmbH
Tragwerksplaner: RWT PLUS ZT GmbH
Tragwerksplaner: BERNARD Ingenieure ZT GmbH  

Bauherr und Projektleitung: ASFINAG BAU MANAGEMENT GMBH

Gesamtlänge: 420 m
Größte Spannweite: 132 m
Gesamtkosten: 200 Mio. €
Konstruktion: Stahl und Stahlbeton

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